Helme bringen abgeflachte Schädel von Säuglingen in Form
Esma war gerade einmal vier Wochen alt, als der Kinderärztin auffiel, dass sie ihr Köpfchen ständig zur linken Seite dreht. Die Folge: Vom Liegen auf der immer gleichen Stelle wurde Esmas Schädel auf dieser Seite flach statt rund.
Das ist gar nicht so selten: Seit Mitte der 90er Jahre für Säuglinge die Rückenlage empfohlen wurde, um den plötzlichen Kindstod zu verhindern, nimmt die Zahl der Schädelverformungen deutlich zu - mit teils schwerwiegenden Folgen. Esma wird später vermutlich nichts mehr merken: Ihr Köpfchen wird mit einer noch wenig verbreiteten Helmtherapie in Form gebracht.
Der oben offene und an der Seite mit einem Klettverschluss zusammengehaltene Helm erinnert an den Kopfschutz für Boxer. "Wir arbeiten nicht damit, dass der Schädel mit Druck in eine Richtung gepresst wird", erläutert Assistenzarzt Peter Mayer vom Klinikum Nürnberg. "Stattdessen wird das Wachstum ausgenutzt." Im Inneren des Helmes sind exakt an den abgeflachten Schädelstellen Aussparungen eingearbeitet. Dort dehnt sich der Schädel bei einem Wachstumsschub dann stärker aus - bis er wieder symmetrisch ist.
Noch sei das Verfahren wenig verbreitet, berichtet Chefarzt Martin Gosau. In Bayern würden kleine Patienten nur noch in Würzburg und Regensburg in nennenswertem Umfang auf diese Art und Weise behandelt. Dennoch halte er die Helmtherapie für sehr hilfreich. Denn wer mit einem verzogenen Gesicht oder einem schiefen Schädel aufwachse, werde oftmals massiv gehänselt - psychische Störungen könnten die Folge sein. Auch physisch können sich die Deformationen schmerzhaft auswirken: etwa durch eine frühzeitige Abnutzung der Halswirbelsäule und der Kiefergelenke oder durch Haltungsschäden.
Wichtig ist, dass die Behandlung möglichst früh einsetzt. "Wenn man mit vier bis sechs Monaten anfängt, hat man eine Behandlungszeit von drei bis fünf Monaten", schildert Gosau. Schon bei acht bis zehn Monate alten Babys müsse der Helm deutlich länger getragen werden. Ab etwa eineinhalb Jahren sei der Schädel schon so weit verknöchert, dass man ihn nicht mehr formen könne.
Die acht Monate alte Esma trägt ihren Helm mit einer absoluten Selbstverständlichkeit. Beim Auf- und Absetzen wartet sie geduldig, bevor sie flink weiterkrabbelt. "Esma kommt super damit zurecht. Sie hat sich von Anfang an sehr schnell daran gewöhnt", schildert ihre Mutter Hayriye Ünnü. "Für uns war es schwieriger, sie immer mit Helm zu sehen." Doch auch das sei inzwischen längst kein Problem mehr.
Stärker drücken die junge Familie die Kosten für die Therapie in Höhe von rund 2000 Euro, die ihre Krankenkasse im Unterschied zu manch anderen nicht übernehmen will. Doch Ünnü bereut die Entscheidung nicht. "Ich will als Mutter nicht, dass mein Kind einen schiefen Kopf hat und mir das später einmal vorwirft." (dpa)
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