Was wirklich gegen Übergewicht hilft
Bei manchen liegt Übergewicht in den Genen, andere ernähren sich falsch. Dauerhaft Gewicht zu verlieren, ist schwer - und nicht immer nur eine Frage des Willens. Was helfen kann: Gemüse, Eiweiß und ein paar psychologische Tricks.
Iss, so viel du kannst: So lautet die genetische Programmierung des Menschen. "Wären unsere Vorfahren darauf programmiert gewesen, sich maßvoll und abwechslungsreich zu ernähren, wären wir längst ausgestorben", sagt Ernährungspsychologe Prof. Christoph Klotter von der Hochschule Fulda.
"Heute leben wir in einer Überfluss-Gesellschaft." Und da wird die Veranlagung zum Problem. Denn die permanente Verfügbarkeit von Essen macht es schwer, sich zu disziplinieren.
Einmal angefuttertes Gewicht wieder loszuwerden, ist nicht so einfach. Ganz besonders schwer ist es für Menschen, die Essen als Emotionsmanager benutzen, sagt Klotter. Wer isst, weil er wütend oder traurig ist, kann meist nicht einfach entscheiden, damit aufzuhören.
Matthias Riedl, Ernährungsmediziner und Facharzt für Diabetologie und Innere Medizin, kennt jedoch auch körperliche Gründe, die dafür sorgen, dass das Thema Gewicht zur Bürde wird. "Hormonelle Störungen wie Schilddrüsenerkrankungen können das Abnehmen schwer machen." Auch Medikamente können eine Gewichtszunahme fördern. Manchmal liegt es auch in der Familie. Wie Riedl erklärt, ist der Grundumsatz, den der Mensch in Ruhe verbraucht, genetisch bedingt.
Wer zu viel Gewicht mit sich herumschleppt, dem rät Riedl, über den Expertenpool des Berufsverbandes Oecotrophologie oder des Berufsverbandes Deutscher Ernährungsmediziner nach Unterstützung zu suchen. So finden Betroffene einen Experten, der ihnen beim Abnehmen hilft. Denn Ernährungsberatung ist kein geschützter Begriff, warnt Ingrid Acker aus dem Vorstand des Berufsverbandes für Oecotrophologie.
Ackers erste Empfehlung an ihre Patienten ist stets das Ess-Tagebuch. Darin notiert der Betroffene, was er wann isst. Ein Wort, das die Expertin nicht mehr hören will, ist Ernährungsumstellung: "Das klingt, als lege ich einfach einen Schalter um." Ernährung sei aber ein dynamischer Prozess. "Was ist mir wichtig, wo kann ich Nein sagen, was kann ich reduzieren? Welche Essgewohnheiten passen überhaupt noch zu mir und meinem Leben?" Diese Fragen gilt es zunächst zu stellen.
Klotter rät, kleine Schritte zu machen - sich weder zu unterfordern noch zu überfordern. "Unser limbisches System verlangt nach Belohnung", sagt er. Und Essen ist die einfachste Form von Belohnung. Verzichtet man darauf, muss man Körper und Geist also Ersatz anbieten: ein gutes Buch lesen oder sich mit Freunden treffen etwa. Oder Quantität durch Qualität zu ersetzen: lieber zwei edle Pralinen als eine Tafel Schokolade.
"Wenn Leute sagen, ich versuche alles und nehme nicht ab, liegt es oft daran, dass sie das Falsche versuchen", bestätigt Ernährungsmediziner Riedl. "Restriktive Diäten wie Friss die Hälfte oder Kohldiäten sind Quatsch." Der Körper braucht eine artgerechte Ernährung, um dauerhaft Gewicht zu verlieren.
Artgerecht heißt: Gemüse oder Nüsse, so viel man will, ausreichend Eiweiß, nicht zu viel Fleisch und Kohlenhydrate. Gute Fette wie Avocado oder Olivenöl sollten Kohlenhydrate und tierische Fette so oft es geht ersetzen.
Wer herausfinden will, ob er abnehmen sollte, muss sich übrigens nicht an die eigene Nase fassen, sondern eher an den Bauch. Dessen Umfang ist entscheidend, sagt Riedl. Für Frauen liegt der Höchstwert unter 88 Zentimeter, für Männer unter 102. "Alles darüber nennen wir Adipositas", sagt Riedl. "Denn das Fett, das uns krank macht, sitzt in der Mitte des Körpers."(dpa)
Expertenpool der Ernährungsmediziner
Besonders schädlich für die Gesundheit ist zu viel Bauchfett. Bei Männern sollte der Bauchumfang unterhalb von 102 Zentimetern liegen. Foto:
David-Wolfgang Ebener/dpa/dpa-tmnMatthias
Riedlist Diabetologe, Ernährungsmediziner, Internist sowie Geschäftsführer und Leiter des medicum
Hamburg. Foto: medicum
Hamburg/dpa-tmnProf.
Christoph Klotterist Professor für Gesundheits- und Ernährungspsychologie an der
Hochschule Fulda. Foto:
Nicole Dietzel/HS Fulda/dpa-tmn
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