Schwer auszuhalten: Zweite Woche in Quarantäne
Ob für Heimbewohner oder als Vorsichtsmaßnahme nach kritischen Kontakten - verordnete Quarantänen schlagen irgendwann aufs Gemüt. Warum ist das so, was hilft?
In vielen Pflegeeinrichtungen gehört es zur seit Beginn der Corona-Pandemie Praxis, dass Bewohner nach Klinik- oder Arztbesuchen für volle zwei Wochen ihr Zimmer nicht mehr verlassen dürfen. Sie und auch andere Menschen, die für 14 Tage in häusliche Quarantäne müssen, halten besonders die zweite Woche nur schwer aus.
"Das liegt daran, dass es bestimmte Grundbedürfnisse nach Nähe, Austausch oder Kommunikation gibt. Solche Bedürfnisse kann man eine Zeitlang aufschieben oder einschränken. Das ist aber begrenzt", erklärt Prof. Björn Enno Hermans, Diplom-Psychologe und systemischer Therapeut aus Essen. Wenn einem immer präsenter wird, dass diese Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden, erlebe man das als Mangel und es wird schwerer, die Isolation auszuhalten.
Man kann zwar versuchen, diese Bedürfnisse auf eine andere Art zu kompensieren, vor allem mit Dingen, die Freude bereiten. Etwa mit Lesen, wenn man gerne liest, mit Malen, wenn man gerne malt oder mit Fernsehen schauen. "Allerdings ist auch das irgendwie endlich. Man kennt das ja, wenn man mal länger krank zu Hause ist", weiß Hermans.
In der Quarantäne für soziale Interaktion sorgen
Dann heißt es, sich Gedanken zu machen, ob es nicht noch andere Dinge gibt, zu denen man sonst nicht kommt oder die einem früher mal Freude bereitet haben. "Man könnte auch schauen, welche sozialen Kontakte, welche soziale Interaktion denn noch möglich ist", so der Therapeut.
Er denkt dabei an digitale Medien. So kamen in einer Essener Caritas-Einrichtung junge Sozialarbeiter zum Einsatz, die mit Tablets für Live-Verbindungen zwischen isolierten Bewohnern und deren Familie oder Mitbewohnern von Zimmer zu Zimmer gesorgt haben. "Das hat erstaunlich gut funktioniert", sagt Hermans.
Koller-Beginn sehr individuell
Nach wie vielen Tagen so ein Koller anfängt, ist aus seiner Sicht jedoch sehr individuell. "Es gibt Menschen, die suchen für sich Einsamkeit. Und es gibt Menschen, die können das schon über eine kurze Zeit nur schwer aushalten."
Hermans plädiert allerdings dafür, dass man im Sinne besonders verletzlicher Gruppen die Quarantänezeit so kurz wie möglich hält. Positiv sieht er die anstehenden Corona-Schnelltests für Personal und Bewohner von Pflegeeinrichtungen - damit Quarantänezeiten nach Klinik- oder Arzt-Besuchen schnell wieder aufgehoben werden können.
© dpa-infocom, dpa:201013-99-930361/2 (dpa)
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