Welche Aufgaben haben Nachlasspfleger?
Jemand stirbt ohne nahe Angehörige, es gibt kein Testament oder die Erben sind zerstritten - all das können Gründe sein, eine Nachlasspflegschaft anzuordnen.
Immer wieder kommt es vor: Eine alleinstehende Person stirbt, ein Testament gibt es nicht - und Angehörige sind unbekannt. Stellt sich die Frage: Was passiert mit dem Eigentum, die der oder die Verstorbene hinterlässt?
Darum kümmern sich in solchen Fällen Nachlasspflegepersonen. Sie werden von dem Amtsgericht bestellt, in dessen Bezirk der oder die Verstorbene zuletzt gelebt hat. "Oft ist es der Vermieter der verstorbenen Person ohne nahe Angehörige, der bei Gericht eine Nachlasspflegschaft beantragt, eben weil er die Wohnung freihaben und weiter vermieten möchte", sagt der Bonner Anwalt für Erbrecht, Eberhard Rott.
Weitere Gründe für die Nachlasspflegschaft
Es gibt aber noch weitere Gründe, in denen das Amtsgericht eine Nachlasspflegschaft anordnen kann. "Zum Beispiel, wenn einer oder mehrere Erben die hoch verschuldete Erbschaft ausschlagen", erklärt der Diplom-Rechtspfleger Thomas Lauk. In dem Fall ist es zum Beispiel Sache von Nachlasspflegern, das Erbe zu verwerten.
Sind Hinterbliebene zerstritten, wer was erbt oder liegen gleich mehrere Testamente eines Verstorbenen vor, kann das Gericht bis zur Klärung ebenfalls eine Nachlasspflegschaft anordnen. Das gilt etwa auch dann, wenn unklar ist, ob ein Testament wirksam ist.
Die Aufgaben einer Nachlasspflegeperson sind vielfältig
Nachlasspflegepersonen sichern das Erbe und verwalten es. "Auch unaufschiebbare Aufgaben haben sie im Blick", sagt Lauk, der Mitglied im Präsidium des Bundes Deutscher Nachlasspfleger (BDN) ist. Sie kümmern sich um laufende Zahlungsmodalitäten, aber beispielsweise auch darum, dass jemand Tiere des oder der Verstorbenen versorgt.
Nicht selten müssen Nachlasspflegepersonen unbekannte Erben ausfindig machen. "Sie recherchieren zum Beispiel in Personenstandsregistern, die die Standesämter führen", erläutert Rott, der Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögensvorsorge e.V. ist.
Gegebenenfalls sehen Nachlasspflegepersonen auch die persönlichen Unterlagen des oder der Verstorbenen daraufhin durch, ob es dort Hinweise auf mögliche Abkömmlinge gibt. "Schwieriger wird oft die Suche bei einem Bezug zum Ausland", so Rott.
Verschenken dürfen Nachlasspflegepersonen nichts
Welche Aufgaben Nachlasspfleger haben, hängt letztendlich vom Einzelfall ab. Ordnet ein Gericht ihren Einsatz etwa im Fall des Todes eines Alleinlebenden an, tragen sie Sorge dafür, dass beispielsweise die Mietwohnung des oder der Verstorbenen gekündigt und der Haushalt aufgelöst wird.
Sie wickeln auch Verträge etwa mit Strom- und Gasanbietern ab und klären möglicherweise vorhandene Aktiendepots und Sparguthaben bei Banken. "Als gesetzliche Vertreter des oder der unbekannten Erben dürfen Nachlasspfleger nahezu alles", sagt Lauk. Nur eines ist ihnen untersagt: "Sie dürfen aus dem Nachlass heraus nichts verschenken."
Bezahlung richtet sich nach Qualifikation
Nachlasspflegepersonen sind nicht zwingend Juristen. "Allerdings müssen sie persönlich und fachlich für die Tätigkeit geeignet sein", so Lauk. Sie sollten eine vermittelnde Art haben und in der Lage sein, zum Beispiel eine Erbschaftsteuererklärung zu erstellen. Die Tätigkeit von Nachlasspflegepersonen wird vergütet - und zwar dann, wenn sie die Tätigkeit berufsmäßig ausüben.
Die Bezahlung bei einem werthaltigen Nachlass erfolgt auf Stundensatz-Basis und beträgt Lauk zufolge je nach Qualifikation der Nachlasspflegepersonen sowie je nach Umfang und Schwierigkeit des Falls zwischen 90 und 150 Euro pro Stunde plus Mehrwertsteuer. Die Mittel werden aus dem Nachlass entnommen.
Ist der Nachlass ohne Wert, bekommen Nachlasspflegepersonen eine Vergütung aus der Staatskasse - allerdings maximal 39 Euro plus Mehrwertsteuer die Stunde. "Wer ehrenamtlich als Nachlasspfleger tätig ist, was heute aber eher selten vorkommt, bekommt nur Auslagen erstattet", sagt Lauk.
Testament kann helfen
Mitunter kann sich eine Nachlasspflegschaft über Jahre hinziehen. Der Heidelberger Fachanwalt für Erbrecht Jan Bittler weiß von einem Fall, bei dem sich Erben über einen Zeitraum von viereinhalb Jahren über die Wirksamkeit eines Testaments gestritten haben.
"Gut, dass in dieser Phase sich eine Nachlasspflegepersonen um die Verwaltung der vorhandenen Immobilien gekümmert hat, sonst hätte es hier wohl ein Chaos gegeben", erklärt Bittler, der Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge ist.
© dpa-infocom, dpa:210729-99-603174/3 (dpa)
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