Großer Andrang bei Goldhändlern in Corona-Zeiten
Es gibt sie vereinzelt schon, die Leute, die ihren Goldschmuck aus finanziellen Nöten verkaufen. Aber noch werden mehr Barren und Münzen gekauft - weil Gold in Krisenzeiten als sicherer Hafen gefragt ist.
In der Corona-Krise treibt es mehr Kunden zu Goldhändlern und zu Pfandleihhäusern: Nicht aber primär, weil diese aus Geldnöten Edelmetalle verkaufen oder Gegenstände beleihen wollten.
"Bei uns wird vor allem gekauft: Goldbarren, Goldmünzen, Silberbarren", sagt die Sprecherin der Rheinischen Scheidestätte GmbH, Corinna Koerfer, in Düsseldorf. Und zwar so reichlich, das die Goldlager in ihren Niederlassungen in Trier, Saarbrücken, Köln, Berlin, Düsseldorf und Münster "fast leergekauft" sind. "Wir können derzeit nur bestellen", sagt sie.
Große Nachfrage
"Die Leute haben in der Krise Angst. Sie sind verunsichert." Keiner wüsste, was wirtschaftlich noch passiere. "Viele glauben, dass Gold nachher das einzige ist, was noch was wert ist", sagt Koerfer. Man versuche vor Ort dieser Annahme entgegenzuwirken, aber: "Die Kunden haben uns vor dem Lockdown die Bude eingerannt. Sie wollten unbedingt vom Euro weg in Edelmetalle rein." Gekauft werde alles - von einem Gramm Gold (gut 64 Euro) bis zu einem Kilo (knapp 54.000 Euro).
Der Ansturm habe auch den Goldhändler überrascht. "Wir hatten nach dem Lockdown eigentlich gedacht, dass die Leute kommen würden, um mehr zu verkaufen", sagt sie. Vereinzelt kämen auch Menschen, die ihren alten Schmuck, Münzen oder Barren verkauften, um an Geld zu kommen. "Aber es wird immer noch mehr ge- als verkauft."
Viele lösen Pfandkredit ab
Beim Saarbrücker Pfandleihhaus mit einer Filiale in Trier würden derzeit auch noch nicht mehr Menschen mit finanziellen Nöten oder Engpässen registriert. "Wir haben auch entgegen unserer Annahme nicht mehr Zulauf gehabt", sagt Geschäftsführer Frank Funke in Saarbrücken. Aber: "Unsere Kunden haben ihre Sachen in weitaus höherem Maße als sonst üblich abgeholt." Heißt: Sie haben bei zuvor vorbei gebrachten Goldsachen oder hochwertigen Uhren den Pfandkredit abgelöst.
Was könnten dafür Gründe sein? "Meine Vermutung ist: Wahrscheinlich haben unsere Kunden in der Krise einfach weniger Geld ausgegeben", sagt Funke. Reisen seien ja gecancelt worden, Läden und Restaurants waren zu, so dass man keine Ausgaben tätigen konnte. "Also weniger Ausgaben und gleiches Einkommen - dann bleibt eben mehr übrig. Und das wurde dann genutzt, um die Sachen wieder abzuholen."
Es sei aber gut möglich, dass sich die Krise doch noch bis zu seinem Geschäft durchschlage, sagt Funke. "Mit erhöhter Arbeitslosigkeit und wegfallenden Einkommen könne es schon sein, dass wir mehr Zulauf haben werden." In der Regel würden im Saarbrücker Pfandleihhaus Wertgegenstände zwischen 200 und 1000 Euro beliehen. Der Zinssatz sei gesetzlich auf ein Prozent pro Monat festgelegt. Die Verträge liefen meistens drei Monate.
Mehr Geldbedarf
Veränderungen im Kundengeschäft bemerkt bereits Bernd Barz, Leiter eines Pfandleihhauses in Ludwigshafen. "Zu Anfang der Corona-Krise war natürlich alles sehr ruhig. Mittlerweile sind wir auf einem Vorkrisen-Niveau, was die Kundenzahl angeht. Tendenz aber täglich steigend", sagt er. Es werde "momentan mehr Geld gebraucht - also mehr versetzt". Bundesweit gibt es rund 250 Pfandleihhäuser.
Zudem stelle er fest, dass Auslösungen und Verlängerungen von Verträgen nachgelassen hätten, also "schleppender" geworden seien. "Also haben die Leute mehr Geldbedarf und scheinbar Probleme, diese kurzfristigen Pfandkredite wieder auszulösen", sagt Barz. Und er erwarte einen deutlichen Anstieg von Pfandkrediten zum Ende des Jahres und auch darüber hinaus.
Der Edelmetallhändler Degussa Goldhandel verzeichnet in der Corona-Krise einen Ansturm auf Gold. "Die Nachfrage von privaten Anlegern nach physischem Gold in Form von Barren und Münzen ist seit dem Ausbruch des Corona-Virus noch einmal enorm gestiegen, nachdem sie schon in den Monaten zuvor auf einem sehr hohen Niveau war", sagt Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum habe sich Nachfrage zeitweise verfünffacht. (dpa)
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