Sorge ich finanziell genug für das Alter vor?
Die meisten wissen, dass sie privat fürs Alter vorsorgen müssen. Doch viele könne nicht einschätzen, ob das reicht, um in der Rente sorgenfrei leben zu können.
Keine Frage: Private Altersvorsorge wird immer wichtiger. Denn künftigen Rentnergenerationen steht weniger Geld aus der gesetzlichen Rente zur Verfügung als vielen Rentnern heute.
"Je früher Sie mit dem Sparen anfangen, desto besser ist es", sagt Thomas Mai, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen. Aber wie viel Geld sollte man beiseite legen, um später genug zu haben? Bei der Suche nach einer Antwort, werden oft Faustregeln und Musterrechnungen herangezogen. "Das kann durchaus sinnvoll sein, um sich überhaupt erstmal ein Ziel zu setzen", sagt Mai.
80 Prozent des letzten Nettoeinkommens
Eine häufig genannte Faustregel: Um den gewohnten Lebensstandard zu halten, sollten etwa 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens zur Verfügung stehen. Da dieser Wert mit der gesetzliche Rente bei den Allermeisten kaum zu erreichen ist, ergibt sich eine Rentenlücke.
Um diese Lücke zu schließen, müssen Arbeitnehmer nach Berechnungen der Fondsgesellschaft Fidelity International bis zum Renteneintritt pro Jahr etwa 21 Prozent des Einkommens in die private Altersvorsorge investieren. Ein Beispiel: Ein 44-Jähriger Arbeitnehmer verdient rund 38.000 Euro brutto im Jahr. Um ausreichend vorgesorgt zu haben, müsste er laut Fidelity bis jetzt 150.000 Euro beiseite gelegt haben. Das entspricht etwa dem Vierfachen des Jahreseinkommens.
Ein 60-Jähriger müsste etwa das Achtfache auf der hohen Kante haben, also etwa 300.000 Euro. Zum Renteneintritt mit 67 Jahren sollte das Finanzpolster dann am besten auf das Zehnfache des Einkommens angewachsen sein. Denn dann gibt es keine Rentenlücke mehr.
Betriebliche Altersvorsorge und Eigenheim
"Auf den ersten Blick scheinen die Zahlen hoch zu sein", erklärt Christof Quiring von Fidelity. Aber: Die Werte reduzierten sich für alle, die bereits sparen etwa mit einer betrieblichen Altersvorsorge. Die Faustformeln sollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass niemand die eigene Altersvorsorge auf die lange Bank schieben dürfe.
Das sieht grundsätzlich auch Niels Nauhauser so. Doch der Leiter des Bereichs Altersvorsorge der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gibt zu bedenken, dass beispielhafte Berechnungen nicht für jeden passen. "Wer etwa ein schuldenfreies Eigenheim habe und dazu noch eine kleinere Betriebsrente, kommt damit im Alter wahrscheinlich gut über die Runden", sagt Nauhauser. Wer in Teilzeit arbeite, habe vielleicht nicht genug Geld übrig, um überhaupt zu sparen.
Sparplan-Drehscheibe der Verbraucherzentrale
Ein weiteres Problem: "Wir haben Nullzinsen", sagt Nauhauser. So ist es schwierig, passende Produkte zu finden, die sicher sind und Rendite bringen. Die Verbraucherzentrale hat nun eine Sparplan-Drehscheibe entwickelt. Sie stellt die Renditen gegenüber, die Sparer in der Vergangenheit mit unterschiedlichen Mischverhältnissen von Festgeld und einer Aktienanlage in den MSCI World Index erreichen konnten.
Beispiel: Wer irgendwann in den Jahren zwischen 1970 und 2018 über einen Zeitraum von 35 Jahren Monat für Monat 100 Euro angelegt hatte, stets zur Hälfte in Festgeld und die andere Hälfte in Aktienfonds, hat im Mittel 60.520 Euro erreicht (3,8 Prozent Rendite pro Jahr). Im ungünstigsten Fall wären aus 100 Euro monatlich nach 35 Jahren 46.550 Euro geworden (2,9 Prozent Rendite), im günstigsten dagegen 69.420 Euro (4,9 Prozent Rendite). Inflation sowie Kosten des Aktienfonds sind bereits herausgerechnet, Steuern wurden nicht berücksichtigt.
Deutlich anders sieht das Ergebnis bei einem Anlagezeitraum von 10 Jahren aus: Bei der gleichen Aufteilung zwischen Aktien und Festgeld kommen im besten Fall 19.830 Euro zusammen (11,9 Prozent Rendite).
So ist klar: Die Zeit bleibt wichtig bei der Altersvorsorge. "Sie können über einen Zeitraum von 30 Jahren mit kleineren Raten mehr erreichen als über einen Zeitraum von 10 Jahren mit größeren Raten", erklärt Thomas Mai. Größere Lücken lassen sich schwerer schließen, je näher die Rente rückt. "Da zählt am Ende jedes Jahr." (dpa)
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