Wer kriegt was und wenn ja wie viel?
Einen Anspruch auf Weihnachtsgeld haben Beschäftigte nicht, sofern es keine Vereinbarung dazu gibt. Wenn es diese aber gibt, ist der Betrag für alle gleich?
Der Anspruch auf Weihnachtsgeld ist nicht gesetzlich geregelt. Er kann sich für Beschäftigte aber zum Beispiel aus ihrem Arbeits- oder Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben. Doch müssen dann alle Arbeitnehmer im Unternehmen Weihnachtsgeld bekommen - und muss es für alle gleich hoch ausfallen?
Grundsätzlich sind Arbeitgeber bei der Gestaltung des Weihnachtsgeld an den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Aber: "Eine Differenzierung aus sachlichen Gründen ist zulässig", erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln.
Qualifikation kann über Weihnachtsgeld entscheiden
Das bedeutet, dass in begründeten Fällen auch nur bestimmte Arbeitnehmer eines Unternehmens Weihnachtsgeld bekommen könnten. "Etwa wenn die Mitarbeiter aus einer Abteilung aufgrund ihrer Qualifikationen besonders an das Unternehmen gebunden werden sollen", erläutert die Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Weiter gilt: Wenn es einen Grund für eine Differenzierung gibt, könne auch die Höhe unterschiedlich gestaltet werden. "Eine willkürliche Unterscheidung ohne sachliche Rechtfertigung ist demgegenüber unzulässig", so Oberthür weiter.
Auch Teilzeitbeschäftigten kann ein Weihnachtsgeld zustehen. Es berechnet sich dann im Verhältnis der jeweiligen reduzierten Arbeitszeit zur Vollzeitbeschäftigung, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund in einem FAQ-Dokumentzum Weihnachtsgeld erklärt.
Nur gut die Hälfte der Arbeitnehmer bekommt Weihnachtsgeld
Nur gut die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland erhält einer Studie zufolge ein Weihnachtsgeld. "Am höchsten stehen die Chancen auf ein Weihnachtsgeld, wenn das Unternehmen an einen Tarifvertrag gebunden ist", berichtete der Leiter des WSI-Tarifarchivs der Hans-Böckler-Stiftung, Thorsten Schulten.
Das gelte auch und gerade in diesem von der Corona-Pandemie geprägten Jahr. Nach den Daten des WSI-Internetportals "Lohnspiegel.de" bekommen insgesamt 53 Prozent aller Beschäftigten die Jahressonderzahlung. Doch sind die Unterschiede beträchtlich: 77 Prozent der Tarifbeschäftigten, aber nur 41 Prozent der übrigen Arbeitnehmer kommen laut WSI in den Genuss von Weihnachtsgeld.
Einkommenseinbußen wegen Corona
"Angesichts von Einkommenseinbußen in der Krise ist das Weihnachtsgeld besonders wichtig. Millionen von Beschäftigten waren oder sind in Kurzarbeit, da ist das Weihnachtsgeld als Beitrag zur Stabilisierung der Einkommen von großer Bedeutung", betonte Schulten. In einigen Tarifbranchen wie zum Beispiel der Metall- und Elektroindustrie sei deshalb in diesem Jahr die Möglichkeit eröffnet worden, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld anteilig auf die monatlichen Einkommen zu übertragen, um im Fall von Kurzarbeit ein höheres Kurzarbeitergeld zu erhalten.
Tarifverträge gelten längst nicht für alle Arbeitnehmer. Arbeitsmarktforscher sehen seit Jahren eine "schleichende Erosion" der Tarifbindung. Nach jüngsten Daten des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiteten im vergangenen Jahr in Westdeutschland 46 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit Branchentarifverträgen, in Ostdeutschland nur 34 Prozent.
© dpa-infocom, dpa:201110-99-279392/7 (dpa)
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