Auf diese Risiken sollten Anleger 2022 schauen
Wer dachte, 2020 war ein wildes Jahr, den hat 2021 noch einmal überrascht. Die Corona-Pandemie hat sich gehalten, die Inflation ist zurück. Wie wird das 2022?
Das Jahr 2021 hat uns einige Veränderungen beschert: Angela Merkel ist nicht mehr Bundeskanzlerin, im schottischen Glasgow einigen sich die Teilnehmer der UN-Klimakonferenz auf eine Abschlusserklärung, der Deutsche Aktienindex Dax wächst von 30 auf 40 Unternehmen, und die Inflation kehrt zurück.
Eines allerdings hat sich in diesem Jahr hartnäckig gehalten: die Corona-Pandemie. Für Anleger war das Jahr am Ende trotz allem fast ein Selbstläufer - zumindest an den Börsen: "2021 ist überraschend gut gelaufen", sagt Jürgen Kurz von der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Ein absolutes Ausnahmejahr", findet auch Thomas Buckard, Vorstand beim Vermögensverwalter MPF. "Man konnte außer nicht investiert zu sein, kaum etwas falsch machen."
Bundesbürger investieren in Aktien
Allein der Dax legte innerhalb eines Jahres rund 16 Prozent zu, der US-Index S&P 500 sogar um rund 25 Prozent (Stand 22.12.). Und viele Bundesbürger haben sich von dieser positiven Stimmung an den Börsen anstecken lassen. Bis Ende September stieg die Zahl der Depots auf rund 27 Millionen, ein Plus von 9,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das zeigt eine Auswertung des digitalen Vermögensverwalters Whitebox.
Das Aktienvolumen liegt der Auswertung zufolge inzwischen bei 504 Milliarden Euro und damit 36 Prozent über dem Vorjahreswert. Das Fondsvolumen stieg ebenfalls deutlich: Zum Ende des dritten Quartals lag es bei 853 Milliarden Euro, das sind 27 Prozent mehr als im September des Vorjahres (672 Mrd. Euro).
"Die Zahlen zeigen: Von einem Ende des Aktienbooms kann keine Rede sein", sagt Whitebox-CEO Salome Preiswerk. "Insgesamt deutet viel darauf hin, dass sich die Aktienkultur in Deutschland auch über die Covid-19-Pandemie hinaus nachhaltig positiv entwickelt."
Das sind die Risiken auf dem Aktienmarkt
Allerdings liegt genau darin auch eine Gefahr: "Die Anleger, die jetzt erst angefangen haben, sich mit Aktien zu beschäftigen, kennen ja nur steigende Kurse", sagt Jürgen Kurz. Dass sich die Börsen auch mal eine Zeit lang seitwärts oder sogar nach unten entwickeln können, haben viele Neueinsteiger tatsächlich noch nicht selbst erlebt. "Ich bin gespannt, wie sie reagieren, wenn es mal nicht so gut läuft", sagt Kurz.
Risiken, die sich 2022 negativ auf die Kurse auswirken können, gibt es jedenfalls genug. Neben der Corona-Pandemie schwelt der Konflikt zwischen den USA und China weiter, die Krise in der Ukraine ist nicht geklärt, der chinesische Immobilienkonzern Evergrande steckt noch immer tief in den Schulden. Und ob die hohe Inflationsrate wirklich nur vorübergehend ist, ist selbst unter Experten umstritten. "Eine wilde Mischung", stellt Jürgen Kurz nüchtern fest.
Einzeltitel sind riskanter als ETF
Sollte es 2022 an den Kapitalmärkten tatsächlich mehr Schwankungen geben, wird sich zeigen, ob Anleger ihre Hausaufgaben gemacht haben. Denn die Grundregeln für die Aktienanlage lauten: Risiken verteilen, besonnen bleiben und Zeit mitbringen.
"Langfristig bringen Aktien ungefähr vier Prozent mehr Rendite als andere Anlagen", sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Zweistellige Zuwachsraten an den Börsen sind also eher die Ausnahme statt die Regel. "Mit Crashs muss man immer rechnen", so Nauhauser. Wer auf Einzeltitel setzt, riskiert in solchen Phasen hohe Kursverluste. Bei breit streuenden ETF ist dieses Risiko besser verteilt.
"Es ist wichtig, dass Anleger nicht versuchen, blind steigenden Kursen hinterherzulaufen", sagt auch Christopher Lindken, Geschäftsführer der GAP Vermögensverwaltung. "Wir empfehlen, die Anlage in Aktien als eine langfristige Beteiligung an den Gesellschaften zu verstehen. Der Ertrag ergibt sich dann aus dem Gewinnwachstum der Unternehmen. Und kurzfristige Schwankungen an den Märkten verändern nicht unsere Bewertung der getroffenen Investitionen."
Bauchgefühl führt nicht langfristig zum Erfolg
Wichtig deshalb: "Beim Vermögensaufbau sollten nicht Modethemen, die der Anleger gerade für interessant erachtet, zu hoch gewichtet werden", sagt Dieter Helmle, Vorstand des Vermögensberaters Source For Alpha.
"Gerade für den Vermögensaufbau ist ein diversifiziertes Portfolio, dessen fundamentale Bewertung klaren Kriterien entspricht, wichtig. Bauchgefühl führt allenfalls kurzfristig zum Erfolg."
Und: Nicht das ganze Geld sollte in Aktien angelegt sein. "Ein gewisser Bestand an Cash kann helfen, um in Krisen zu reagieren", sagt Jürgen Kurz. Denn Kursrücksetzer bieten oft eine Chance, Aktien von gut aufgestellten Unternehmen zu guten Kursen zu kaufen.
Wer angesichts der bestehenden Risiken unsicher wird, sollte seine Anlagestrategie vielleicht noch einmal auf den Prüfstand stellen. Denn: "Das Risiko an den Börsen muss man tragen können", sagt Niels Nauhauser. "Finanziell und psychologisch." (tmn)
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