Blindes Mädchen lernt jetzt Sprache und Schrift
Das elfjährige Flüchtlingskind Rukaia Ibrahimi war noch nie in der Schule. Jetzt besucht es in München ein Internat. Die Eltern bleiben in Buttenwiesen
Rukaia spielt mit zwei Flaschenöffnern. Die Formen kennt sie inzwischen auswendig. Und wenn das Mädchen Besuch bekommt, zeigt es gerne Fotografien seiner Familie. Wer darauf zu sehen ist, weiß sie genau. Rukaia hat aufgrund der Formate und verschiedener Fotopapiere gelernt, sie zu unterscheiden. Rukaia, elf Jahre alt, ist blind. Vor zehn Monaten floh sie mit Eltern und Bruder aus Afghanistan und landete in der Asylunterkunft in Unterthürheim. Das Schicksal von Rukaia löste damals eine Welle der Hilfsbereitschaft aus (wir berichteten), und es konnte sogar ein Blindenstock finanziert werden.
Wie meistert ein blindes Mädchen den Neuanfang in Deutschland? Blinde sehen die Welt mit anderen Augen, durch Tasten, Hören, und viele entwickeln noch eine Menge anderer Fähigkeiten, um ein normales Leben führen zu können. Rukaia Ibrahimi glaubt fest daran, auch ohne Augenlicht eines Tages ein selbstständiges Leben führen zu können. Rukaia, ein offenes, höfliches Mädchen, empfängt gerne Besuch. Was für andere Kinder ein Teddybär sein mag, ist für Rukaia ein gewöhnlicher Flaschenöffner, den sie überall mit hin nimmt und den sie immer in der Hand hält. Die Hände sind Rukaias „Augen“. Sie möchte die Welt entdecken. Doch eine Schule konnte sie in ihrem Leben bisher noch nie besuchen.
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