Sonne auf den Feldern, dunkle Wolken am Himmel: Wie sich das Wetter heute entscheidet, wird nicht nur die Besucherzahlen des Wertinger Volksfests beeinflussen, sondern auch das Arbeitspensum der Polizisten und Polizistinnen, die an dem Vorabend des Vatertags dort im Einsatz sind. Die Stimmung auf der Polizeiwache ist entspannt. Vier Wertinger Beamte, zwei aus Donauwörth und sechs Mitglieder der Augsburger Einsatzhundertschaft sitzen bei Energydrinks und Gelächter in der Gemeinschaftsküche der Polizeistation. Die meisten kennen einander bereits von früheren Einsätzen. „1600 passen auf das Gelände, 1200 ins Zelt. Da es regnen soll, glaube ich nicht, dass es so viele werden“, sagt der Wertinger Polizeibeamte Martin Hamm.
Einsatzplan und alte Bekannte
Seit der achten Klasse wollte er Polizist werden, weil es ein abwechslungsreicher und ein „sicherer Job mit Action“ sei. Er wird heute mit dem seit September fertig ausgebildeten Kollegen Benedikt Thurian auf Streife fahren. Das erklärt Hauptkommissar und Einsatzleiter Bernd Seiler. Er selbst wird gemeinsam mit Stefan Roßkopf im Polizeibus sitzen. Die Hundertschaft soll auf dem Parkplatz und dem Volksfestgelände Präsenz zeigen, die Donauwörther Polizisten werden Verkehrskontrollen in Zivil durchführen.
Um 19.40 Uhr machen sich Seiler und Roßkopf auf den Weg, Hamm und Thurian nehmen die Streiffahrt zehn Minuten später auf – mit einem kurzen Stopp bei Edeka. Eigentlich wollen die Polizisten ein RedBull und Milch für die Wache kaufen, doch mit Tragen der Uniform sind sie im Einsatz. Ein angetrunkener Jugendlicher grüßt Hamm auf dem Parkplatz. Erst am Wochenende zuvor wurde der 17-Jährige beim Rauchen eines Joints erwischt. „Du reißt dich heute zusammen“, warnt ihn Hamm vor. Schon einige Male musste der Beamte den Betrunkenen nach Hause fahren. Auch heute werden sie sich nicht das letzte Mal begegnen.

17-Jähriger mit über zwei Promille
Die Beamten fahren beliebte Aufenthaltsorte um das Volksfest ab, wie die Esso-Tankstelle oder die Ohnheiserbrücke. Ein paar Regentropfen fallen auf den Asphalt und dementsprechend ruhig ist die Umgebung. Eine Stunde nach dem Aufeinandertreffen am Edeka funkt Hundertschaft-Gruppenführer Dennis Dechner die Streife an. Der 17-Jährige vom Edeka-Parkplatz wurde mit über zwei Promille an seine Eltern übergeben. Hamm ist wenig überrascht. Es dämmert.
Bei der vierten Runde ums Wertinger Volksfest torkelt ein alter Bekannter den Bürgersteig entlang. Hamm hält an. Die Eltern des 17-jährigen Jugendlichen, den die Polizei nach Hause gebracht hatte, haben ihn wieder gehen lassen. „Eigentlich ist es traurig“, sagt der Beamte. Er ruft den Einsatzleiter dazu. Seiler stellt ihm ein Ultimatum: „Entweder du gehst heim oder wir bringen dich ins Josefinum und du wirst ans Bett gefesselt.“ Das Augsburger Fachklinikum hat unter anderem eine Kinder- und Jugendpsychiatrie. Der 17-Jährige entscheidet sich für Ersteres, und das Spiel beginnt von vorn. Seine Adresse kennt Hamm auswendig. „Wenn das bei ihm so weitergeht, bleibt er uns die nächsten Jahre als Kunde erhalten.“

„Von Nichts bis Amoklage kann alles kommen“
Über Funk ertönen Durchsagen aus ganz Nordschwaben, das Meiste ist für die Wertinger uninteressant. Es kann allerdings jederzeit etwas in der Nähe sein – so war es beim Amoklauf in Langweid vor zwei Jahren. „Da waren wir eine der ersten Streifen vor Ort“, erinnert sich Hamm. In einem Notfall müssen Polizisten den Täter erschießen. Laut Hamm ist das „der Worst Case für jeden Polizisten“. Doch vorbereitet müssten sie auf alles sein. „Von Nichts bis Amoklage kann alles kommen.“ Für so einen Fall läge immer Schutzausrüstung im Kofferraum.
Mittlerweile ist es dunkel und das Zelt auf dem Volksfest zu einem Dreiviertel gefüllt, die Stimmung friedlich. Unter die Geräusche von Regen und Hagel mischt sich eine Funkmeldung aus dem Nachbargebiet der Wertinger: Ein Sohn habe komische Nachrichten von seiner Mutter erhalten und würde sich Sorgen machen. Hamm und Thurian sind dem Wohnhaus der Frau am Nächsten. Die Beamten klingeln an der Tür – und erhalten Antwort. Der Mutter geht es schlecht, eine Selbstgefährdung können die Polizisten aber nicht feststellen. Sie warten, bis die Freundin der Frau vorbeikommt. Eine weitreichende psychologische Ausbildung haben die Kollegen nicht, umso wichtiger sind Berufserfahrung und Bauchgefühl.

Betrunkenen-Pädagogik und „PAG-Regen“
Nun ist es fast 23.45 Uhr und das Volksfest neigt sich dem Ende zu. Die ersten Gäste verlassen das Zelt und frische Luft mischt sich unter die angestaute Hitze und den Alkoholgeruch. Die Beamten finden sich am Eingang auf der Industriestraße zusammen und verwandeln sich in Erzieher. Sie halten die Besucher an, achtsam und zügig über die Straße zu gehen und die Autos langsamer zu fahren. „Mit Betrunkenen ist es immer pädagogische Arbeit“, stellt Seiler fest.
Bis 00.30 Uhr soll sich das Zelt geleert haben. Die Besucher grölen, klatschen und singen, aber verlassen bereitwillig das Gelände. „Wenn wir nicht gerade beim Verkehrsunfall stehen, ist der Regen unser Freund“, sagt Seiler. Hamm nennt es den „PAG-Regen“. PAG steht für Polizeiaufgabengesetz und regelt die Aufgaben der Beamten. Kollege Regen hilft dann mit, wenn es darum geht, Menschentrauben aufzulösen.
Dieser Bericht passt ja so gar nicht zusammen mit der Aussage von "Jette Nietzard" wer lügt jetzt?
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