400 Motoren pro Tag: Zu Besuch im neuen Audi-Werk für Elektromotoren
Im ungarischen Györ entstehen ab sofort die Herzstücke für die Fahrzeuge von morgen. Die Fertigung ist jetzt eröffnet worden.
Manchmal lässt sich an den kleinen Dingen erkennen, wie viel Arbeit in etwas steckt. Bei der Produktion von Elektromotoren bei Audi ist dieses kleine Ding ein Lächeln. Es zeigt sich auf dem Gesicht von Günther Wiefel, als er den ersten Prototyp eines Serien-E-Motors zeigt, den die Entwickler im ungarischen Györ gebaut haben. Der Prototyp steht immer noch dort im Entwicklungszentrum und lässt sich über ein Gaspedal betreiben. „Das ist unsere heilige Kuh“, sagt er und lächelt. 2010 hat das Team angefangen, an der Entwicklung eines Elektro-Motoren zu arbeiten. Am Dienstag hat in Györ die Serien-Produktion des E-Motors begonnen. Es ist ein wichtiger Schritt für den Ingolstädter Autobauer.
Bis 2025 soll es zwanzig E-Autos von Audi geben
Bis zum Jahr 2025 will Audi 20 E-Autos im Sortiment haben, gut ein Dutzend davon sollen ausschließlich mit Strom betrieben werden, der Rest sollen Hybrid-Fahrzeuge sein – eine Kombination aus herkömmlichen Verbrennungsmotor und E-Antrieb. Und dennoch hat die VW-Tochter bislang kein einziges reines E-Auto im Programm. Zwar ist die Einführung des E-Tron für Anfang kommenden Jahres geplant, offiziell vorgestellt wurde der Elektro-Geländewagen, der im Werk in Brüssel gebaut wird, aber noch nicht. Dafür startet nun die Serienproduktion seines Motors.
„Das Herz des E-Tron kommt aus Ungarn“, sagt Peter Kössler, Vorstand Produktion und Logistik der Audi AG, bei der Eröffnungsfeier. In jedem E-Tron werden zwei Elektromotoren verbaut sein. Einer, der die Vorderachse und einer, der die Hinterachse antreibt. „Györ übernimmt eine Vorreiterrolle in der E-Motorenproduktion“, berichtet Achim Heinfling, Chef von Audi Hungaria.
Im ungarischen Györ steht das größte Motorenwerk der Welt
Dass Györ einmal ein Vorzeige-Werk von Audi werden würde, ließ sich vor 25 Jahren nicht erahnen. Damals war Audi auf der Suche nach einem neuen Produktionsstandort, um seine Kapazitäten zu erweitern. Unter 180 Bewerbern setzt sich Györ durch. Die 130.000-Einwohner Stadt liegt jeweils 120 Kilometer von Wien und Budapest entfernt, auch Bratislava ist nur 70 Kilometer weg. Die Stadt hat eine Uni und eine lange Maschinenbau-Tradition. Nachdem die Wahl 1993 auf die ungarische Stadt gefallen war, beschäftigte Audi zuerst auf rund 800.000 Quadratmetern etwa 90 Menschen.
Heute fertigen etwa 6000 Beschäftigte knapp 9000 Motoren am Tag – es ist das größte Motorenwerk der Welt. Den Großteil der Motoren nimmt Audi ab, aber auch andere VW-Töchter wie Volkswagen, Seat, Bentley und Lamborghini erhalten ihren Antrieb aus Ungarn. Zudem werden in Györ Werkzeuge gebaut und täglich 660 Autos montiert, die in 90 Länder ausgeliefert werden.
Für die Audi-Führung war es folglich logisch, die E-Motorenfertigung in Ungarn anzusiedeln. Auch wenn sich die Mitarbeiter dort die Sachkenntnisse erst einmal erarbeiten mussten. Viele, die heute Spezialisten auf dem Gebiet der Elektormotoren sind, waren es bis vor wenigen Jahren noch für Verbrennungsmotoren. Rund 2000 Elektro-Motoren sind seit 2010 im Entwicklungszentrum in Györ gefertigt und getestet worden.
Die Fertigung ist stark automatisiert
Das Herzstück des E-Motoren ist der sogenannte Stator, den die Ungarn für Audi entwickelt haben und der als einziges Teil im E-Motor selbst produziert wird. Der Rest wird zugeliefert. Im Stator verlaufen dicht gewickelte Kupferdrähte. Je dichter sie beisammen liegen, desto höher ist die Effizienz des Motors. Im Entwicklungszentrum lief das Aufwickeln noch per Hand. In der 8500 Quadratmeter großen neuen Fertigungshalle übernehmen das zwei Maschinen. Sie drehen die Drähte zu Spulen und stecken die Spulen in ein Gehäuse. Vieles in der Fertigung läuft automatisch. Vor allem die Montage, für die selbstfahrende Roboterwagen Teile von Maschine zu Maschine befördern.
400 Elektromotoren sollen die 100 Mitarbeiter in Györ täglich bauen. Die Obergrenze sei das nicht, sagt Kössler. Wo diese liegt, darauf will er sich nicht festlegen und sagt nur: „Wir haben in der Halle noch Platz. Und den wollen wir nutzen.“ Er weiß aber auch: „Im Jahr 2025 werden die Verbrennungsmotoren noch etwa 70 Prozent unserer Autos ausmachen.“ Der Weg in die Zukunft ist ein langer.
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