Die Krise in der Landwirtschaft bremst Fendt
Fendt verkauft so wenig Schlepper wie vor fünf Jahren. In Marktoberdorf sind 330 Stellen abgebaut worden. Warum sich der Traktorenhersteller trotzdem optimistisch zeigt.
Nach Neuschwanstein nun also New York. Nicht die Stadt, aber wenigstens der Konferenzsaal, der auf der Messe Hannover diesen Namen trägt. Die weltgrößte Landtechnik-Ausstellung Agritechnica hat sich der Marktoberdorfer Traktorenhersteller Fendt dieses Jahr ausgesucht, um seine Jahreszahlen zu präsentieren. Im vergangenen Jahr ging es noch pompöser zu. Damals hatte das Unternehmen das Märchenschloss im Ostallgäu als Kulisse gewählt. Der Auftritt ist dieses Jahr nicht weniger weltläufig, wenngleich nüchterner auf der Fendt-grün illuminierten Bühne.
„Traktor des Jahres“ dicht umlagert
Ein Stockwerk tiefer präsentiert Fendt in der neuesten und modernsten Messehalle nahezu auf der gesamten Fläche Traktoren, Mähdrescher, Häcksler oder Ballenpressen. Die größte Palette an Produkten und Neuheiten, die das Unternehmen jemals vorgestellt hat. Besonders dicht umlagert: Der Vario 1000, der am Sonntag die Auszeichnung „Traktor des Jahres“ erhielt. Kinder wie Erwachsene, sie alle wollen mal drinsitzen im größten Standardschlepper der Welt. „Was für ein Riesen-Teil!“, ruft ein Bub. In der Halle Emotionen. Und im Saal oben? Bei den Verantwortlichen?
Fendt-Chef Peter-Josef Paffen ist Rheinländer. Ein entspanntes Wesen ist ihm quasi angeboren. So steht er also da und verkündet mit völliger Gelassenheit Zahlen, die zu einer gewissen Körperspannung durchaus Anlass gäben. Paffen aber spricht erst mal davon, wie „sehr euphorisch“ er sei angesichts des besten Messeauftritts, den Fendt jemals geboten habe.
Dann die Zahlen. War im Sommer noch von einem erwarteten „Top-Ergebnis“ die Rede, nennt Paffen die Bilanz nun „sehr ordentlich“: Ein Absatzrückgang von 8,7 Prozent auf 13500 Schlepper – der schlechteste Wert seit dem Jahr 2010. Die Zahl der Stammbelegschaft ging an den beiden Standorten Marktoberdorf und Bäumenheim von 4175 auf 3863 zurück. Während die Mitarbeiterzahl im nordschwäbischen Werk leicht anstieg, verlor das Ostallgäuer Stammwerk seit Ende vergangenen Jahres 330 Mitarbeiter. Ein Minus von zehn Prozent. Paffen spricht von einem Ergebnis „etwas unter Vorjahresniveau“ und begründet die Mitarbeiterentwicklung mit der derzeit rückläufigen Nachfrage und der höheren Produktivität der neuen Anlagen. Es habe Anpassungen gegeben im Unternehmen, sagt Paffen. Der Fendt-Chef betont aber: Keine betriebsbedingten Kündigungen. Mitarbeiter seien in Ruhestand gegangen, das Unternehmen habe Altersmodelle angeboten, ein kleiner Teil sei über eine Auffanggesellschaft weitervermittelt worden.
Zwar sind die nackten Zahlen schlechter als in den Vorjahren, die Ruhe und das Selbstbewusstsein, die Paffen ausstrahlt, mag sich dennoch erklären. Schließlich beruht das Minus nicht auf einem Fendt-Problem. Die gesamte Landtechnik-Branche produziert derzeit unter schwierigen Bedingungen. Nach den Umsatzeinbußen in Frankreich, Spanien oder Italien (seit 2014) hat es nun auch die lange stabilen Märkte Deutschland und Österreich erwischt, die jetzt „erheblich unter Druck“ stehen, wie Paffen sagt. Landwirte haben weniger Geld in der Tasche, weil die Preise beispielsweise für Milch, Fleisch und Getreide deutlich zurückgegangen sind. Landwirte stellen Investitionen in so einer Situation eher hintan.
Fendt rechnet für 2015 mit einem Minus von zwölf Prozent
Fendt rechnet für 2015 mit einem Minus von zwölf Prozent auf dem deutschen Markt. Insofern ist es durchaus beachtlich, dass Fendt seinen Marktanteil steigern konnte. Andere Anbieter verloren hier Anteile. Und Paffen gibt sich zuversichtlich: „Wir rechnen mit einer richtigen Belebung des Marktes in der zweiten Hälfte des Jahres 2016.“
Positiv blickt auch Martin Richenhagen, Chef der Fendt-Mutter AGCO, in die Zukunft. Er sieht „gute Chancen auf Wachstum und Umsatz“. Zwar werde der Konzern heuer fast drei Milliarden US-Dollar weniger umsetzen und somit ein Drittel seines Umsatzes verlieren. Aber das Ergebnis nennt er trotzdem „ganz ordentlich“. Weil man in in der schwierigen Situation früh gegengesteuert habe, sagt Richenhagen. „Es hat funktioniert.“ Seine grundsätzliche Entspanntheit demonstriert Richenhagen dann noch auf die Frage der Moderatorin, woran es derzeit noch hapere bei AGCO. Da sagt der gebürtige Kölner: „An meinem Haarwuchs.“
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