Diesel und Benziner sind noch lange nicht ausgestorben
Bundesweit wird der Tag der Elektromobilität begangen. Doch Grund zu feiern gibt es nicht: Im Jahr 2030 dürfte die Hälfte der Neuwagen mit Kraftstoff fahren.
In der aktuellen Diskussion um Klimaschutz geraten die bundesdeutschen Realitäten schnell ins Hintertreffen. Das gilt besonders für die Zukunft des Autofahrens. Wie groß der Graben zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist, verdeutlicht etwa eine Umfrage der Stromwirtschaft zur Elektromobilität. Nur ein Viertel der Deutschen kann sich demnach vorstellen, in den nächsten fünf Jahren ein Auto mit Batterieantrieb zu kaufen. Genauso groß ist der Anteil derer, die sagen, dass niemals tun möchten. Dazwischen liegt ein Mittelfeld, das den Kauf eines Vehikels ohne klassischen Verbrennungsmotor irgendwann mal für denkbar hält. Derzeit ist der Anteil von E-Autos auf den Straßen winzig.
Autoexperten: Auch 2030 sind Neuwagen zur Hälfte Verbrenner
Ob sich das schnell bessert, ist fraglich. Der Autoexperte Stefan Bratzel hat ausgerechnet, dass auch 2030 der Anteil der Verbrenner an den Neuwagen noch mindestens 40 Prozent beträgt. "Realistisch sind 50 Prozent", sagte Bratzel im Gespräch mit unserer Redaktion. Er ist Chef des Center of Automotive Management von der Fachhochschule Bergisch Gladbach. "Aus unserer Sicht ist der Verbrenner nicht sofort tot."
Derzeit feiert sogar der viel gescholtene Diesel wieder ein Comeback. Im ersten Halbjahr 2019 kletterte der Absatz um drei Prozent auf 609.000 Autos, wie aus den Daten des Kraftfahrtbundesamtes hervorgeht – das sind ein Drittel aller Neuwagen. Mit 1,1 Millionen Autos und einem Anteil von 60 Prozent liegen Benziner klar an erster Stelle. E-Autos kommen mit 31.000 Fahrzeugen auf 1,7 Prozent. Autoexperte Bratzel glaubt aber nicht, dass der Diesel wieder die Marke von 40 Prozent knackt. Das Zwischenhoch könnte daran liegen, dass die Hersteller einerseits mit ihren Umweltprämien hohe Rabatte für den Tausch alter gegen neuer Diesel gewähren und andererseits die Debatte um Fahrverbote an Wucht verloren hat.
VW bringt einen extra sauberen Dieselmotor auf den Markt
Auch die Autokonzerne haben den Verbrenner bei allem Wirbel um die Elektromobilität nicht aufgegeben. Im neuen VW Passat haben die Wolfsburger eine doppelte Abgasreinigung verbaut, die den Ausstoß an Stickoxiden um 80 Prozent senken soll. Im Herbst bringt Mazda eine Mischung aus Diesel- und Benzinmotor auf den Markt. Die Autos mit dem futuristischen Namen Skyactiv X werden mit Benzin betankt, der Kraftstoff explodiert aber wie beim Diesel selbst in den Zylindern. Dadurch soll der Verbrauch um 20 Prozent sinken. Bratzel sieht bei der Entwicklung noch kein Ende. "Beim Benziner gibt es noch Potenzial für CO2-Einsparungen", sagt er.
Das ist logisch, denn die Autobauer stehen vor dem immensen Problem, dass sie dringend den Kohlendioxid-Ausstoß ihrer Autos senken müssen. Die EU gibt vor, dass er ab 2021 im Durchschnitt der eigenen Neuwagen-Modellpalette – vom kleinen Flitzer bis zum schweren SUV – nur noch 95 Gramm pro Kilometer betragen darf. Bei Verstoß drohen saftige Geldstrafen. Davon sind die Unternehmen jedoch meilenweit entfernt.
Aus den Auspuffrohren ihrer Neuwagen werden derzeit im Schnitt laut Kraftfahrtbundesamt 157,6 Gramm CO2pro Kilometer geblasen. Wie genau der CO2-Ausstoß gesenkt werden kann, ist in der Branche ein heikles Thema. Konkrete Antworten gibt es nicht, zumal die aktuellen Verkaufsschlager schwere Sportgeländewagen (SUV) sind, die viel Sprit fressen und deshalb auch viel CO2 freisetzen.
Noch lohnt sich E-Mobilität für keinen Stromanbieter
Die Stromwirtschaft jedenfalls setzt darauf, durch Elektroautos ein neues Geschäftsfeld zu erschließen. Am Freitag und Samstag werben Energieversorger und Stadtwerke im ganzen Land für die neue Mobilität, spendieren Ökostrom zum Aufladen der Akkus, oder verlosen E-Autos. Die Unternehmen investieren viel in Ladesäulen, die für sie noch ein reines Zukunftsgeschäft sind. "Ich hab noch von keinem gehört, der Geld verdient hat", sagte Eon-Chef Johannes Teyssen am Freitag.
Der Vorstandsvorsitzende des Dax-Konzerns aus Essen gab sich dennoch zuversichtlich, dass sich Elektro-Autos durchsetzen werden: Sie seien umweltfreundlicher und die Motoren arbeiteten effizienter als beim Verbrenner.
"Elektromobilität ist einfach besser", erklärte der Manager. Sie werde aber erst konkurrenzfähig, wenn es eine CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel gebe, so wie sie die Große Koalition gerade plant. Grüner Strom soll im Gegenzug günstiger werden: Der Betrag für die Stromsteuer und die Ökostromsteuer fallen weg: Kostenpunkt 25 Milliarden Euro. "Das wäre ein richtiger Schluck aus der Pulle", meinte Teyssen. Deutschland dürfe den angerollten Zug bei der Elektromobilität nicht verpassen.
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Am umweltfreundlichsten wären ja Kettcars... Das könnte Kettler aus der Insovenz helfen.