Immer mehr Menschen verlieren wegen Corona ihren Job. Für Angst vor Massenarbeitslosigkeit aber besteht bislang kein Anlass – dank der Kurzarbeit.
Wem diese Woche, als die Bundesagentur für Arbeit die Mai-Statistik veröffentlichte, etwas unbehaglich wurde, dem hilft vielleicht ein Blick in die USA. Dort wurden am Freitag die jüngsten Arbeitsmarktdaten präsentiert. Sie waren zwar besser als erwartet, dennoch haben in den Vereinigten Staaten seit März 42 Millionen Menschen zumindest zeitweise ihren Job verloren. Gemessen daran wirken die deutschen Zahlen fast moderat. Zwar ist der Frühjahrsaufschwung ausgeblieben, zwar gibt es nun 2,8 Millionen Arbeitslose – 169.000 mehr als noch im April –, zwar haben nun insgesamt rund 580.000 Menschen wegen Corona ihren Job verloren, aber, so mag man denken: Es hätte, siehe USA, auch weitaus schlimmer kommen können.
Arbeitslosigkeit: Die Drei-Millionen-Grenze ist nicht weit entfernt
Nun ist es ein Phänomen dieser Pandemie und der von ihr verursachten wirtschaftlichen Folgeerscheinungen, dass sich ansonsten schwindelerregend hohe Zahlen relativieren: neulich über eine Billion Euro zum Schutz gegen die Krise, jetzt 130 Milliarden Euro für das Konjunkturpaket. Alles, was da im Millionenbereich bleibt, wirkt irgendwie gleich beherrschbarer. Nun sollen hier Staatshilfen nicht mit der Arbeitsmarktstatistik (also Menschen) verglichen werden, auch wenn erstere auf letztere hoffentlich zeitnah erheblich Einfluss nehmen. Aber gerade angesichts dieser schleichenden Entwertung gewaltiger Summen im Kopf, sei hier eigentlich Selbstverständliches noch mal betont: Jeder einzelne Arbeitslose ist einer zu viel. Weshalb die Zahlen der Bundesagentur sehr hellhörig machen sollten. Nicht nur, weil die Drei-Millionen-Grenze nicht weit ist.
Ein Wesensmerkmal von Statistiken ist, dass sie entpersonalisieren. Wer aber zum Beispiel mit Seelsorgern spricht, die sich um Langzeitarbeitslose kümmern, dem wird nachdrücklich in Erinnerung gerufen, was man eigentlich weiß, aber gerne verdrängt, solange es einen nicht betrifft: Wer arbeitslos wird, bekommt einen Schicksalsschlag, den viele immer schwerer wegstecken, je länger dieser Zustand anhält.
Neben den finanziellen Einbußen und allem, was das nach sich zieht, stigmatisiert Arbeitslosigkeit und löst oft Scham bei den Betroffenen aus. Das kann in die Isolation führen und wird – neben erheblichen Kosten für den Staat –schnell zu einem politischen Problem. Je mehr Jobsuchende es gibt, umso größer wird es. Arbeitslosigkeit ist sozialer Sprengstoff. Wenn sie – wie durch Corona – unverschuldet ist, wird die Sprengkraft größer.
Warum die Kurzarbeit ein wichtiges Instrument ist
Man muss daher je länger diese Pandemie dauert, umso dankbarer für das Instrument der Kurzarbeit sein. So hart sie auch für viele sein mag: Kurzarbeit hat Massenentlassungen, siehe USA, verhindert.
Die Bundesagentur für Arbeit geht davon aus, dass bis Ende April rund sechs Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit waren. Im Mai waren es laut Münchner Ifo-Institut 7,3 Millionen Beschäftigte. In der Finanzkrise waren es zur Spitzenzeit im Mai 2009 „nur“ knapp 1,5 Millionen.
Das allmähliche Wiederhochfahren führt in der Wirtschaft hoffentlich bald zu einem späten, aber nachhaltigen Frühlingserwachen mit spürbaren Effekten auf dem Arbeitsmarkt. Die Unternehmen hätten den weiteren Ifo-Angaben zufolge ursprünglich 10,1 Millionen Arbeitnehmer zur Kurzarbeit gemeldet. Das lotet die Tiefe des Corona-Abgrunds deutlich aus. Kurzarbeit kann man zwar ausdehnen, aber nicht unbegrenzt.
Das Konjunkturpaket der Bundesregierung mit seiner befristeten Mehrwertsteuersenkung hat für eine Erholung der Wirtschaft und damit des Arbeitsmarktes gute Voraussetzungen geschaffen. Eine Wette auf die Konsumlaune der Leute bleibt es dennoch. Was, wenn diese nicht aufgeht?
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Von Knut E. >>Zitat aus dem Wahkampf von A.M. von 2005: "Mit mir wird es keine Mehrwertsteuererhöhung geben". und Rumms waren es ab 2007 Drei-Prozent-Punkte mehr.<<
Nach meiner Erinnerung stammt die Aussage von anderen. Haben Sie also einen Beleg für Ihr Zitat?
Raimund Kamm
Welches Versprechen gab der dicke Altmeier: Keiner verliert seine Arbeit wegen Corona. Daran sieht man wieviel Ahnung diese Menschen von Ihrer Arbeit als Minister haben:Keine.