Bieterkampf um Osram könnte Stellenabbau verschärfen
Exklusiv AMS hat sein Übernahmeangebot an Osram erhöht. Der Chef warnt davor, dass bei einem weiteren Bieterkampf 1000 Arbeitsplätze in Gefahr seien.
Was des Aktionärs Freud, könnte zum Leid der Osram-Angestellten werden. Das Bietergefecht um den Traditionskonzern ist voll entbrannt. Der österreichische Halbleiterhersteller AMS hat seine Offerte aufgestockt. Statt 38,50 Euro bietet das Unternehmen nun 41 Euro je Osram-Aktie. Vorstandschef Alexander Everke versucht damit, den Vorstoß der Finanzinvestoren Advent und Bain zu kontern. Die Gewerkschaft fürchtet, dass die Mitarbeiter die Zeche zahlen werden. „Der dauernde Bieterkampf am Kapitalmarkt führt dazu, dass nur noch die Aktionärsinteressen im Vordergrund stehen“, beklagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Irene Schulz. Die Interessen der 26.000 Osram-Beschäftigten dürften nicht durch „das Geschacher am Kapitalmarkt aufs Spiel gesetzt werden“.
Everke legt mit seinem neuen Angebot den Anteilseignern 3,9 Milliarden und damit 240 Millionen Euro mehr als bislang auf den Tisch. „Die Aktionäre müssen vor 24 Uhr am 1. Oktober gegenüber ihrer Bank die Annahme des Angebots erklärt haben, sonst erhalten sie die 41 Euro nicht“, sagte Everke unserer Redaktion. Danach werde der Aktienkurs von Osram vermutlich stark fallen. Um den Aufschlag zu stemmen, soll die anvisierte Kapitalerhöhung ein Volumen von 1,6 Milliarden Euro anstelle von 1,5 Milliarden haben. Die restlichen 140 Millionen sollen aus den geplanten Einsparungen kommen.
Den Aktionären und Beschäftigten stehen spannende Tage bevor. Advent und Bain hatten angekündigt, das alte Angebot der Österreicher von 38,50 Euro deutlich zu übertreffen. Nachdem AMS in die Offensive gegangen ist, müssen die Amerikaner nun bis zum 1. Oktober nachziehen. Bislang bieten die Amerikaner nur 35 Euro je Osram-Papier. Die Offerte hatte Bain noch mit dem Partner Carlyle abgegeben. Weil Carlyle aber nicht mehr Geld mobilisieren will, ist Advent eingesprungen. Um AMS abzufangen, müsste das neue Duo also mindestens 42 Euro je Titel in das Schaufenster stellen, wie in Frankfurter Finanzkreisen geschätzt wird.
Osram-Übernahme: IG Metall hat einen Favoriten
Bisher sind die Finanzinvestoren der Favorit der IG Metall, weil sie aus ihrer Sicht das kleinere Übel sind. Der Sensorik-Hersteller aus der Nähe von Graz hat angekündigt, die Digitalsparte Osrams zu verkaufen. Die Gewerkschaft wertet das als Zerschlagung. Insgesamt sollen „hunderte Stellen“ gestrichen werden, vor allem an der Osram-Zentrale in München, um die geplanten Synergien von 300 Millionen Euro pro Jahr zu heben.
Der AMS-Chef versuchte, die Sorgen der Mitarbeiter zu dämpfen. „Um es noch einmal klar zu sagen: Das höhere Angebot wird nicht zu weiterem Arbeitsplatzabbau führen“, erklärte Everke. Die IG Metall würde bei einer Übernahme durch AMS an Einfluss verlieren. Bestimmt sie jetzt die Geschicke über ihre Vertreter im Aufsichtsrat wesentlich mit, sähe das nach dem Eigentümerwechsel anders aus. Denn dann würden auch Gewerkschaften aus Österreich zum Zuge kommen, die Vormacht der IG Metall wäre dahin.
Ob Bain und Advent unter dem Strich wirklich die bessere Wahl für die Beschäftigten sind, muss bezweifelt werden. Bei einem Angebot von 42 Euro müssten die beiden Unternehmen 700 Millionen Euro mehr aufbringen als bisher. Weil sie das Geld nicht über Kredite aufbringen können, weil dieser Weg ausgeschöpft ist, müssen sie Eigenkapital in die Waagschale werfen. Die übliche Renditeerwartung dafür liegt bei mindestens 20 Prozent.
Der Druck auf die Amerikaner, Kosten stärker einzusparen, stiege also durch ein höheres Angebot beträchtlich. Die Profitabilität des Unternehmens müsste also rasch deutlich steigen, denn nach einigen Jahren soll die auf Rendite getrimmte Firma verkauft werden.
AMS-Chef: 1000 Arbeitsplätze bei weiterem Bieterkampf in Gefahr
Schon in den aktuellen Angebotsunterlagen findet sich ein Passus, der als Türöffner dienen könnte. Darin fordern die US-Investoren vom Vorstand „eine gewisse Flexibilität“ bei der Diskussion über den Verkauf von Unternehmensteilen. „Nach unseren Berechnungen würde eine bedeutsame Erhöhung des Angebots der Finanzinvestoren mehr als 1000 Arbeitsplätze gefährden“, sagte Everke. Einen solchen Kahlschlag könne „niemand ernsthaft wollen, weder Osram noch die Mitarbeiter.“
Das vor über 100 Jahren gegründete Traditionsunternehmen steckt schon seit geraumer Zeit in der Krise. Im Frühjahr schockte der Vorstand die Anleger mit einer Gewinnwarnung und düsteren Aussichten.
Hier lesen Sie das vollständige Interview: AMS-Chef: "Einen Kahlschlag bei Osram kann niemand ernsthaft wollen."
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