Eine Kostenfrage
Noch immer schwächelt der E10-Absatz. Nun drohen die Ölkonzerne, Strafzahlungen von bis zu 400 Millionen Euro auf den Spritpreis aufzuschlagen. Doch die Autofahrer zahlen längst.
An gut der Hälfte der 14900 Tankstellen in Deutschland können Autofahrer inzwischen E10 tanken. Könnten. Denn nach wie vor greifen dort, wo es den Biosprit gibt, nur 20 bis 30 Prozent aller Kunden mit Benzinmotor zu. Alle anderen tanken teureres Super.
Dass sich diese Quote seit Februar, als viele Tankstellen den Biokraftstoff eingeführt haben, nicht erhöht hat, bereitet den Mineralölriesen Probleme. Immer wieder haben die Konzerne betont, dass Strafzahlungen fällig werden, wenn sie zu wenig E10 verkauften – und so die von der Bundesregierung vorgeschriebene Biosprit-Quote nicht erfüllen. Immer wieder haben sie betont, dass die Mehrkosten die Autofahrer tragen müssen. Uwe Franke, Europa-Chef des Mineralölkonzerns BP, hat nun in einem Interview erstmals gesagt, wie hoch die Belastung sein könnte:
„Die Kosten für die Nichterfüllung der Quote dürften vermutlich für die Branche zwischen 300 bis 400 Millionen Euro liegen“, sagte Franke in einem Interview. „Am Ende wird den Unternehmen allerdings nichts anderes übrig bleiben, als die entstandenen Kosten an die Kunden weiterzugeben.“
Der ADAC reagiert mit Unverständnis auf diese Aussage. Sprecherin Maxi Hartung spricht von einer „ganz üblen Kiste“. Schließlich werde das herkömmliche Super im Schnitt für drei Cent mehr verkauft als der Biosprit E10. „Die Strafzahlung ist schon mit drin“, sagt sie.
Das bestätigt selbst der Mineralölwirtschaftsverband, die Dachorganisation der Branche, zu der auch BP Europe gehört. Hauptgeschäftsführer Klaus Picard versucht, die Wogen zu glätten. Die Zahl von 300 bis 400 Millionen Euro, die BP-Europa-Chef Frank vorgerechnet hat, nennt er „alt“ und „verwirrend“. Wie hoch die Strafzahlungen für das laufende Jahr seien, „können wir noch gar nicht sagen“.
Nach den Vorgaben der Bundesregierung muss die Ölbranche 6,25 Prozent des verkauften Kraftstoffes – gemessen am Energiegehalt – aus pflanzlicher Produktion gewinnen. Picard zufolge kann das nur gelingen, wenn jedes Auto, das den mit zehn Prozent Ethanol versetzten Kraftstoff verträgt, auch damit betankt wird. Für jeden Liter Super, der stattdessen verkauft wird, fallen nach Rechnung der Unternehmen Strafzahlungen von 2,5 Cent an. „Wie jeder Kaufmann versuchen die Firmen, diese Kosten an den Kunden weiterzugeben“, sagt Picard. Dadurch erkläre sich die Preisdifferenz zwischen Super und E10. Er stellt aber klar, dass die Konzerne auch andere Möglichkeiten haben, den Biosprit-Absatz anzukurbeln – etwa, indem sie mehr reinen Biodiesel und Pflanzenöl verkaufen.
ADAC-Sprecherin Hartung vermutet hinter der BP-Ankündigung eine Strategie, sich vor den drohenden Strafzahlungen zu drücken. „Ich hoffe, dass sich die Politik darauf nicht einlässt.“ Otmar Lell, Verkehrsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, plädiert dagegen dafür, das sogenannte Biokraftstoffquotengesetz auszusetzen: „Es kann doch nicht sein, dass die Verbraucher dafür zahlen müssen, dass die Politik die E10-Einführung nicht durchdacht hat.“ Sollten die Strafzahlungen auf die Autofahrer abgewälzt werden, „wird es auch nicht besser laufen. E10 ist gefloppt.“
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