
Ersatz für Wirecard: Delivery Hero steigt in den Dax auf

Der Nachfolger für Wirecard im Deutschen Aktienindex steht fest: Der Essenslieferdienst Delivery Hero ersetzt den Zahlungsdienstleister im Dax.
Der internationale Essenlieferdienst Delivery Hero steigt in den Deutschen Aktienindex (Dax) auf. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin übernimmt im Leitindex den Platz von Wirecard, wie die Deutsche Börse am Mittwochabend in Frankfurt mitteilte. Der Zahlungsdienstleister ist nach einem milliardenschweren Bilanzskandal insolvent.
Delivery Hero wird nach dem Immobilienkonzern Deutsche Wohnen innerhalb weniger Wochen das zweite Berliner Unternehmen, das in die erste Börsenliga aufsteigt. Zuvor war die deutsche Hauptstadt in dem prestigeträchtigen Segment 14 Jahre lang nicht mit einem Unternehmen vertreten gewesen.
Delivery Hero steigt in den Dax auf - Unternehmen schreibt noch rote Zahlen
Der Essenlieferdienst zählt zu den Profiteuren der Corona-Pandemie. Das einstige Start-up betreibt in mehr als 40 Ländern Bestellplattformen für Essen lokaler Anbieter und beschäftigt 25.000 Mitarbeiter, davon rund 1300 in Berlin. Sie vermitteln Lieferdienste zwischen Restaurants und deren Kunden. Das meiste Geld stammt aus Provisionen, die die teilnehmenden Restaurants bezahlen. Allerdings betreibt Delivery Hero auch eigene Lieferdienste und Großküchen.
Bestellungen deutscher Kunden nimmt das Unternehmen seit vergangenem Jahr nicht mehr entgegen: Das Deutschlandgeschäft mit den Marken Pizza.de, Lieferheld und Foodora wurde verkauft. Der niederländische Konkurrenten Takeaway hat es in seine eigene Plattform Lieferando eingegliedert. Mehr als die Hälfte seines Umsatzes hat Delivery Hero 2019 im Nahen Osten und Nordafrika gemacht.
Das Unternehmen schreibt noch rote Zahlen. Im ersten Halbjahr lag der um Sonderposten bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen nach vorläufigen Zahlen bei 319,5 Millionen Euro. Die endgültige Halbjahresbilanz folgt am 27. August.
Delivery Hero erwartet 2020 einen Umsatz zwischen 2,6 und 2,8 Milliarden Euro
Dank des starken Wachstums in der Corona-Krise haben die Berliner die Prognose für das Gesamtjahr bereits erhöht. Erwartet wird ein Umsatz zwischen 2,6 und 2,8 Milliarden Euro und damit nahezu eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr.
Das 2011 gegründete Unternehmen ist das zweitjüngste Dax-Mitglied nach der Bayer-Ausgründung Covestro. Chancen auf den Dax-Aufstieg waren auch dem Duftstoff- und Aromenhersteller Symrise aus Holzminden in Niedersachsen eingeräumt worden.
Wirecard hatte aufgrund des Bilanzskandals um mutmaßliche Luftbuchungen erheblich an Wert an den Finanzmärkten verloren. Die Deutsche Börse überarbeitete angesichts der Insolvenz des Dax-Mitglieds zudem ihr Regelwerk nach Beratungen mit Marktteilnehmern. Gemäß den neuen Vorgaben werden zahlungsunfähige Unternehmen nun mit einer Frist von zwei Handelstagen aus den Dax-Auswahlindizes genommen. Wirecard hatte erst September 2018 den frei gewordenen Platz der Commerzbank im Dax eingenommen.
Wichtig sind Index-Änderungen vor allem für Fonds, die Indizes exakt nachbilden. Dort muss dann umgeschichtet werden, was meist Einfluss auf die Kurse hat. Die Zugehörigkeit zum Dax ist aber auch eine Frage des Prestiges: Gerade für internationale Investoren ist das wichtigste deutsche Börsenbarometer Aushängeschild der Wirtschaft. (dpa)
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Das ist mir schleierhaft, wie solche Unternehmen in den DAX aufgenommen werden können. Kein Geschäft in Deutschland, mehr als 50% des Umsatzes 2019 im Nahen Osten und Nordafrika (MENA) (u.a. Türkei - dem "reifsten" Markt mit Lira-Absturz). Verdoppelung des Umsatzes wg. oder trotz Corona - manch andere kochen wieder selber, weil sie sich kein Restaurantessen mehr leisten und liefern lassen können. Und 2019 648 Mio. Euro operativer Verlust bei einem Umsatz von 1,24 Mrd. Euro. Und jetzt das zweite Quartal 20, Umsatz in MENA praktisch gleich und Asien überflügelt MENA deutlich - war da was mit Asien? Die sitzen jetzt alle zu Hause im Homeoffice und lassen liefern! Bei Wirecard waren in Asien die Luftbuchungen. Eine Aktie ohne Dividende kommt mir nicht ins Haus. Amen.
Da kann man nur zu 100 Prozent zustimmen, denn solch einen Unfug zuzulassen, bei dem wahrscheinlich auch keine Zahlen geprüft werden können, schafft kein Vertrauen in den Aktienmarkt.