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Foto: Oliver Berg, dpa (Symbol)
Foto: Oliver Berg, dpa (Symbol)

Die heimische Wirtschaft warnt vor massiven Schäden durch die Corona-Krise.

Corona-Folgen
05.02.2021

Insolvenzwelle droht: Heimische Wirtschaft schlägt Alarm

Von Michael Kerler, Stefan Stahl

Plus Die IHK befürchtet eine Insolvenzwelle, Gewerbetreibende warnen vor großen Leerständen in den Innenstädten – die Bundesbank aber bleibt verhalten optimistisch.

Der anhaltende Lockdown macht der heimischen Wirtschaft immer schwerer zu schaffen. „Wir stehen vor einem weiteren Krisenjahr“, betonte der Hauptgeschäftsführer der schwäbischen Industrie- und Handelskammer, Marc Lucassen. Insbesonders die besonders hart betroffenen Branchen – das Reise- und Gastgewerbe sowie der Einzelhandel – befinden sich nach einer Umfrage der Kammer, die unserer Redaktion vorliegt, in einer kritischen Lage. Lucassen warnt daher: „Viele Unternehmen werden aufgeben. Eine Insolvenzwelle ist wohl unausweichlich, nur dank staatlicher Hilfen erleben wir noch keinen Pleite-Tsunami.“

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Wirtschaft empört über "Schließungsorgie" in der Corona-Krise

Immer mehr Unternehmer beklagen auch, dass im Zuge der Corona-Krise eigenes Personal ausfällt. Mal müssen sich Mitarbeiter in Quarantäne begeben, mal bleiben Eltern zu Hause, weil sie sich um ihre Kinder kümmern müssen. So verschärft sich nicht nur die konjunkturelle Lage, sondern auch die Stimmung im Unternehmerlager – gerade im Handel und im Gastgewerbe. Lucassen fordert deshalb ein klares Signal, welche Öffnungsszenarien es für diese Branchen gibt: „Wir brauchen endlich eine offene Diskussion mit der Politik über den Re-Start. Denn die Schließungsorgie muss irgendwann enden.“

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Massive wirtschaftliche Verwerfungen befürchten auch Initiativen, zu denen sich in jüngster Zeit viele Unternehmer zusammengeschlossen haben. Der Unternehmerkreis Zukunft in Not aus Augsburg und dem Umland zum Beispiel vertritt inzwischen 400 mittelständische Betriebe und steht dem Lockdown kritisch gegenüber. Er erwartet nach den Worten seines Sprechers Stefan Ehle tatsächlich einen „Tsunami an Insolvenzen“, der am Ende auch gesunde Betriebe mitreißen werde. Mehr als 20 bayerische Stadtmarketing- & Gewerbevereine, darunter die aus Augsburg, Friedberg, Neuburg und Schrobenhausen, warnen in einem offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder vor irreparablen Problemen für die Innenstädte: „Jahrelange Bemühungen, Leerstände zu vermeiden und neu zu belegen, können jetzt sehr schnell umsonst gewesen sein.“ Nach einer realistischen Schätzung könne die Hälfte der bisherigen Geschäfte aus dem Stadtbild verschwinden.

Ein Lichtblick in Corona-Zeiten: Die Industrie

Zu den Lichtblicken in der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer gehört die heimische Industrie. „Sie ist für uns in harten Zeiten der Überlebensanker, sie hält uns über Wasser“, betonte Lucassen. Dabei kommt Schwaben zugute, dass die Betriebe des verarbeitenden Gewerbes ihre Waren zu etwa 50 Prozent exportieren. Nun profitieren viele Firmen davon, dass die Geschäfte in wichtigen Auslandsmärkten wieder anziehen, allen voran in China, aber auch in den USA. 40 Prozent der befragten Unternehmen rechnen im Moment mit steigenden Auftragszahlen im China-Geschäft. Auch am Bau laufe es weiterhin sehr gut, sagt der Kammerexperte. Allerdings befürchtet die Kammer, dass die Bautätigkeit zurückgeht, weil die Eigenkapitaldecke von Investoren dünner werden könnte und sich private Haushalte im Zuge der Corona-Krise zunehmend verschulden.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa
Foto: Kay Nietfeld, dpa

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bleibt optimistisch.

Die Bundesbank sieht noch keinen Anlass, ihre Konjunkturprognose zu revidieren, nach der die deutsche Wirtschaft Anfang nächsten Jahres wieder das Niveau vor der Krise erreicht. „Die Wirtschaftsentwicklung hängt entscheidend vom Verlauf der Pandemie ab und ist entsprechend unsicher“, betonte Bundesbankpräsident Jens Weidmann gegenüber unserer Redaktion. „Wenn es gelingt, die Pandemie im Verlauf des Jahres zunehmend in den Griff zu bekommen und die Eindämmungsmaßnahmen gelockert werden können, wird sich die Erholung der deutschen Wirtschaft fortsetzen.“ Zuletzt habe sich etwa die Industrie robust gezeigt, was auch an der weltweiten Nachfrage nach deutschen Produkten liege. „Das ist ein Grund, weshalb die deutsche Wirtschaft im laufenden Quartal nicht allzu weit zurückgeworfen werden sollte.“

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