Der Staat muss Lufthansa retten - es gibt aber kein Zurück zum Staatsbetrieb
Der Staat muss Lufthansa finanziell beistehen, das Unternehmen ist systemrelevant. Es darf aber nur eine Unterstützung auf Zeit geben.
In dieser Corona-Krise gibt es viele unglückliche Verlierer. Aber einer der unglücklichsten heißt: Carsten Spohr. Der Lufthansa-Chef steht auf einmal einem Konzern vor, dem das Geschäftsmodell fast komplett untersagt worden ist. Nur noch knapp fünf Prozent ihres Flugverkehrs kann Lufthansa aktuell anbieten, die Kosten laufen jedoch weiter. Ob sich das Fluggeschäft bei einer drohenden Rezession – und der Entdeckung von Videokonferenzen – rasch erholen wird, ist keineswegs ausgemacht.
Konzernchef muss eine bittere Rechnung aufmachen
Also muss Spohr wohl die bittere Rechnung machen, dass sein Konzern ohne Staatshilfe nicht überleben kann. Es wäre ein Schritt zurück zum Staatsbetrieb, der Lufthansa viele Jahrzehnte war. Besonders bitter für Spohr: Der Mann hatte eigentlich fast alles richtig gemacht. Im Gegensatz zu internationalen Mitbewerbern, die staatlich gepäppelt jede Menge Wind machten, hat Spohr sein Unternehmen ziemlich solide durch diverse Stürme gesteuert. Dass der Staat Lufthansa nun beistehen muss, ist klar; die Fluglinie ist systemrelevant. Eine so internationale Volkswirtschaft wie unsere braucht eine international aufgestellte Fluggesellschaft und kann sich nicht auf andere Staats-Airlines verlassen. Aber es kann nur ein zeitliches Engagement sein.
Die Bahn taugt nicht als Vorbild
Wir sehen bei der Bahn, wie politische Vorgaben einen Konzern kirre machen können. Es mag gut sein, wenn politisches Engagement etwa den Klimaschutz bei der Fluglinie mehr verankert. Aber fliegen muss Lufthansa irgendwann wieder ohne den Staat.
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Herr Schmitz, mir fehlt die Begründung, warum sich der Staat wieder zurückziehen soll.
Das Beispiel Bahn taugt nicht wirklich; da ist gerade das einstige Aufhübschen für den Börsengang - also Investitionsverweigerung für die Infrastruktur zum Beispiel - wesentlich mit verantwortlich für den Istzustand.
Zurück zur Lufthansa, da wird sich der Markt weltweit neu sortieren; im Urlaubersegment genauso wie bei den Geschäftsflügen. Wie lange eine Restrukturierung dauert, ist heute nicht so wenig absehbar wie die letztendliche Ausrichtung. Also werden staatliche Stützen noch eine ganze Weile notwendig sein. Und - eine Kernfrage - warum soll der Staat im Desaster beistehen, Risiken abdecken, ggfs. Geld zuschiessen und ab der Gewinnzone wieder verschwinden und den Aktionären das Feld überlassen?
Die Deutsche Bahn taugt ganz bestimmt nicht als Vorbild, wenn sie die alten Brücken verrosten lässt (weil dann der Bund einspringt, wenn ein Abriss und Neubau unumgänglich ist) und lieber in überflüssige Prestigeprojekte, wie Stuttgart 21, investiert. So viel sinnlos durch die Gegend geflogen und Dreck in die Luft geblasen wie vor der Corona- Krise wird hoffentlich nie wieder. Manager können auch skypen und müssen nicht um den halben Erdball zum Kunden reisen. Die Welt wird sich grundlegend ändern, ganze Industrien werden sich umstrukturieren müssen. Vielleicht sollte z.B. Airbus anfangen, Windräder und Elektrofahrzeuge zu bauen.
So wie es derzeit aussieht, wird in den nächsten Monaten (Jahren?) niemand mehr in den Urlaub fliegen. Soll man jetzt die Lufthansa verstaatlichen, um für den Tag X wieder eine deutsche Fluggesellschaft zu haben? Das hängt davon ab, wie der Flugverkehr von morgen aussieht. Falls die Fluggastzahlen langfristig zurückgehen, macht ein Beibehalten der Unternehmensgröße einfach keinen Sinn mehr. Dann müssen die Konsequenzen gezogen werden und man muss auf Fracht Flüge umstellen. Dazu braucht es natürlich weniger Personal und Flugzeuge. Aber ohne Konsolidierung bindet sich der Staat nur Kosten ans Bein, die auf Dauer nicht zu bezahlen sind.