Die Finanztransaktionssteuer ist eine Farce
Debatte Erfunden wurde sie, um die ausufernde Spekulation zu bremsen und Armut zu bekämpfen. Olaf Scholz aber macht mit der Transaktionssteuer einfach nur Kasse
Olaf Scholz war noch keine 14 Jahre alt, als der amerikanische Ökonom James Tobin die bekannteste nie eingeführte Steuer erfand. Mit einer Abgabe von bis zu einem Prozent auf alle grenzüberschreitenden Geldtransfers weltweit wollte er die Währungsspekulationen bremsen, die damals vor allem den ärmeren Ländern zu schaffen machten. Folgerichtig sollten die Einnahmen aus der neuen Steuer auch in eben jene Länder fließen. In Großbritannien hieß sie daher bald „Robin-Hood-Steuer“, in Deutschland sprachen die Grünen später von einer „Steuer gegen Armut“.
Die Finanztransaktionssteuer, die Scholz jetzt in Deutschland und neun weiteren Ländern einführen will, fußt auf dem Modell von Tobin – und pervertiert es zugleich. Salopp gesagt, finanzieren Aktionäre mit ihr eine neue Sozialleistung, nämlich die 1,5 Milliarden Euro teure Grundrente. Das ist nicht nur ein politischer Etikettenschwindel, es schadet auch der in Deutschland ohnehin unterentwickelten Aktienkultur. Scholz will nämlich keine Derivate, Optionsscheine und ähnlich riskante Papiere besteuern, sondern nur Aktien von Unternehmen, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind – also auch die Witwen- und Waisenpapiere, die jeder ruhigen Gewissens für seine Altersvorsorge kaufen kann, weil hinter ihnen Konzerne mit Tradition und Bonität stehen.
Finanzminister Scholz scheut ein klares Wort
Ein Sparer, der für 20.000 Euro Dax-Papiere kauft, muss nach den Plänen von Scholz bald 40 Euro an den Fiskus abführen. Im ungünstigsten Fall würde die Strafsteuer von 0,2 Prozent des Umsatzes aber auch für Lebensversicherungen, Sparpläne oder Riester-Verträge gelten, die in Aktienfonds investieren – was deren Renditen weiter drücken und die private Vorsorge noch unattraktiver machen würde. Hier scheut der Finanzminister ein klares Wort. Hat er das Geld womöglich schon mit eingeplant?
In Null-Zins-Zeiten ausgerechnet die Anlage in Aktien noch zu verteuern: Darauf muss man als Finanzminister erst einmal kommen. Scholz entkernt eine Steuer, die ursprünglich dazu gedacht war, spekulative Exzesse an den internationalen Kapitalmärkten zu begrenzen, in eine nationale Umsatzsteuer für Aktiengeschäfte nach französischem Vorbild. Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold, eigentlich ein Verfechter der Transaktionssteuer, formuliert es so: Kleinanleger zahlen für Kleinrentner.
Finanztransaktionssteuer: 500 Aktien in maximal zehn Ländern sollen besteuert werden
Wenn überhaupt, dann macht eine Abgabe auf Devisen-, Aktien oder noch riskantere Börsengeschäfte nur im großen, weltweiten Maßstab Sinn. Etwas mehr als 500 Aktien in maximal zehn europäischen Ländern zu besteuern, wie es der Gesetzentwurf von Scholz vorsieht, wird jedenfalls keinen Zocker am Zocken hindern und die Globalisierung auch nicht gerechter machen, wie die Anhänger der Tobin-Tax es sich von der Transaktionssteuer erhoffen. Das Kapital ist ein scheues Reh, es wird fast immer einen Handelsplatz finden, an dem es sich sicher fühlt – zum Beispiel in Luxemburg oder einem anderen sogenannten Steuerparadies.
Zehn Millionen Menschen in Deutschland haben Geld in Aktien oder Fonds angelegt – das Argument, man nehme den Reichen etwas, um es den Armen mit der Grundrente zu geben, sticht also nicht. Scholz versucht lediglich, seinen Plänen mit der idealistisch überfrachteten Transaktionssteuer so etwas wie eine höhere politische Legitimation zu geben. Tatsächlich will er einfach nur Kasse machen.
Lesen Sie dazu auch das Interview: Olaf Scholz: "Die Bürger müssen der Zukunft mit Zuversicht begegnen"
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Die Gier des Staates nach Geld, ist unendlich !!!