VW-Kunden klagen an
Immer mehr Kunden des Konzerns verlangen Schadenersatz von dem Unternehmen. Es geht um Milliarden
Wer nicht gerade einen manipulierten Diesel von VW vor der Haustür hat, könnte meinen, der Abgasskandal sei ausgestanden. Denn der Rubel rollt: VW hat in den ersten neun Monaten mit 7,7 Milliarden Euro deutlich mehr verdient und auch die Prognose für das Gesamtjahr erhöht. Aber gleichzeitig steckt der Autobauer mitten in der juristischen Aufarbeitung – und das an mehreren Fronten. Allein über die Internet-Plattform myright.de reichten am Montag mehr als 15000 VW-Kunden Klage auf Schadenersatz beim Landgericht Braunschweig ein. Außerdem bleiben milliardenschwere Anlegerklagen und strafrechtliche Ermittlungen als Bedrohung.
Welche juristischen Baustellen beschäftigen den Konzern?
Viele Dieselfahrer, die sich von VW hintergangen fühlen, verlangen auch in Deutschland eine Entschädigung. Nach Konzernangaben sind hierzulande gut 7000 zivilrechtliche Verfahren anhängig. Dazu kommen die neuen Klagen über myright.de und die US-Kanzlei Hausfeld. Sie sollen gebündelt werden, ähnlich wie bei Musterklagen im Kapitalmarktrecht. Außerdem steht Volkswagen das Musterverfahren der Anleger bevor. Diese werfen dem Management vor, im September 2015 zu spät über die Abgas-Manipulationen informiert zu haben. Volkswagen weist dies zurück. Das Problem: Nach dem Bekanntwerden der gefälschten Stickoxidwerte bei Millionen von Dieselmotoren war der Aktienkurs steil nach unten gegangen, fast die Hälfte ihres Wertes hatten die Vorzugspapiere des Konzerns zwischenzeitlich verloren. Viele Anleger wollen sich ihre Verluste erstatten lassen. Es geht um Milliarden. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen des Verdachts auf Betrug. Allein hier geht es – einschließlich eines Verfahrens gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn – um fast 40 Beschuldigte.
Wie haben die Gerichte in den zivilrechtlichen Fällen entschieden?
In Deutschland entschieden mehrere Gerichte, dass die Manipulationen keine Pflicht zur Kaufpreis-Erstattung bedeuten – es gibt aber auch andere Urteile. Nach Angaben eines VW-Sprechers wurde bislang in gut 900 zivilrechtlichen Fällen entschieden, in 70 bis 75 Prozent dieser Fälle hätten die Richter die Klage abgewiesen. Die Tendenz sei gleichbleibend. Experten gehen davon aus, dass sowohl Volkswagen als auch die Kläger-Anwälte letztlich auf außergerichtliche Vergleiche setzen. Das Landgericht Braunschweig beschloss zudem, die Schadenersatzklage eines Kunden vorerst nicht an den Europäischen Gerichtshof weiterzugeben. (dpa)
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