Um auf dem E-Auto-Markt mit China mitzuhalten, muss Europa das Tempo anziehen
Laut Studie von Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer gibt die Volksrepublik – kein Vorbild in Sachen Umweltschutz – in Sachen E-Autos längst das Tempo vor.
Wann die Ampel auf Grün springt, bleibt ungewiss. Sicher aber ist schon jetzt: Wenn die – und so ist es angedacht – Mobilitätswende gelingen soll, muss die neue Bundesregierung Gas geben. Wohin das führen kann, wenn man das Pedal durchdrückt, zeigt sich laut einer aktuellen Studie des Duisburger Center Automotive Research (CAR) ausgerechnet in China. Die Weltmacht in Fernost ist zwar bekannt dafür, wirtschaftlich Tempo machen zu können, gilt allerdings in Sachen Umweltschutz nicht gerade als vorbildlich. Anders offenbar allerdings im automobilen Verkehrssektor.
Den jüngsten CAR-Angaben zufolge führt China hier nämlich weltweit deutlich bei den Neuzulassungen für Stromer. Während in den ersten neun Monaten dieses Jahres in Europa (EU plus Großbritannien, Schweiz, Norwegen und Island) 801.000 vollelektrische Neuwagen waren, kommt China auf 1,788 Millionen. Also deutlich mehr als doppelt so viele. CAR-Direktor Ferdinand Dudenhöffer sagt: „Das Elektroauto ist in China längst zu einer Art Volksbewegung geworden.“ Das meistverkaufte Elektroauto dort ist der Mini-EV, ein Kleinstwagen, der im Reich der Mitte für umgerechnet unter 4.000 Euro seit Juli vergangenen Jahres von SAIC General Motors unter der Marke Wuling auf den Markt gebracht wird. Bis September 2021 wurden davon mehr als 400.000 Exemplare verkauft.
China besitzt das mit Abstand größte Lade-Infrastrukturnetz der Welt
Noch zügiger geht den CAR-Informationen zufolge der Ausbau der Lade-Infrastruktur voran. Seit Spätsommer können E-Auto-Fahrer ihre Karre an 2,223 Millionen Ladepunkten mit neuem Schub versorgen. Darunter sind 1,044 Millionen öffentliche Ladepunkte. Der Ausbau, so Dudenhöffer, gehe mit sehr hohem Tempo voran. So kamen in China in den ersten neun Monaten des Jahres 542000 neue Ladepunkte dazu. „Das sind mehr als zwölfmal so viele, wie in der gesamten Bundesrepublik Deutschland existieren.“ China besitze das „mit Abstand größte Lade-Infrastrukturnetz der Welt“.
Die neue deutsche Bundesregierung kann zumindest auf der Basis von immer besser werdenden Zahlen die E-Wende weiter vorantreiben. Der Verband der Deutschen Automobil-Industrie (VDA) veröffentlichte diese Woche neue Zahlen. Zwar bleiben die Neuzulassungen hierzulande insgesamt hinter den Erwartungen – der andauernde Halbleiter-Mangel hilft nicht. Bei den Elektro-Neuzulassungen gab es aber laut VDA einen neuen Rekord. Diese stiegen im Oktober um 13 Prozent (54400 Autos). Der Anteil von E-Wagen an den gesamten Neuzulassungen betrug 30,4 Prozent. Damit sei der bisherige Höchstwert aus dem September nochmals deutlich übertroffen worden, hieß es vom VDA weiter. Und laut Kraftfahrtbundesamt legte bei den Importmarken der kalifornische E-Auto-Pionier Tesla besonders zu. In Zahlen: Plus 482,9 Prozent im Vergleich zum Oktober 2020.
Ferdinand Dudenhöffer: Es braucht mehr Tempo
Wenn nun noch der Ausbau der Lade-Infrastruktur mit diesen Zahlen mithalten könnte, wäre in Deutschland schon viel gewonnen. Dudenhöffers Fazit lautet daher für den Moment und perspektivisch: „Soll der Verkehr in Deutschland und Europa klimaneutraler ausgestaltet werden, braucht es große Anstrengungen, so wie etwa in China. Wenn die Ampel-Koalition wirklich den schnellen Umstieg auf Elektroautos will, braucht Deutschland – und erst recht Europa – beim Elektroauto mehr Tempo.“
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