Ein Glücksfall für Deutschland
Ludwig Erhard war ein Segen für das nach dem Zweiten Weltkriegdarniederliegende Deutschland. Der aus Fürth stammende Mann warpolitisch unbelastet und hatte schon während der Nazi-Diktatur Konzeptefür eine ökonomische und damit auch demokratische GesundungDeutschlands ausgearbeitet.
Von Stefan Stahl
Ludwig Erhard war ein Segen für das nach dem Zweiten Weltkrieg darniederliegende Deutschland. Der aus Fürth stammende Mann war politisch unbelastet und hatte schon während der Nazi-Diktatur Konzepte für eine ökonomische und damit auch demokratische Gesundung Deutschlands ausgearbeitet.
In der Denkschrift "Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung" von 1944 ging er davon aus, Deutschland werde den Krieg verlieren. Erhard schickte die Arbeit an den Widerstandskämpfer Carl Friedrich Goerdeler, was für ihn übel hätte ausgehen können. Genau diese Denkschrift ebnete dem Ökonomen nach der Befreiung durch die Alliierten den politischen Aufstieg.
Die These sei gestattet: Würde Erhard heute leben, wäre er wahrscheinlich ein weltweit hoch angesehener Uni-Professor. Es kam anders. Der machtbewusste Franke wurde zu einem "in die Politik verschlagenen Wissenschaftler", wie es die Frankfurter Allgemeine einmal treffend formuliert hat. Erhard stieg nach 1945 zum Wirtschaftsberater der amerikanischen Militärbehörden in Nürnberg auf. Es schloss sich ein weniger glückliches Intermezzo als bayerischer Minister für Handel und Gewerbe unter Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (SPD) an.
Umso gekonnter agierte der Mann mit der Leidenschaft für Zigarren als Wirtschaftsexperte der britisch-amerikanischen Bi-Zone. Hier war er an den Vorbereitungen zur Währungsreform beteiligt. Seine überragenden Fähigkeiten, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Politik einzuführen, wurden aber erst richtig in der Funktion als für Wirtschaftspolitik zuständiger Mann der westlichen Besatzungszonen deutlich.
Hier begann er geschickt, das Konzept der "Sozialen Marktwirtschaft" umzusetzen. "Wohlstand für alle", wie sein späteres Buch hieß, wurde nach anfänglichen Rückschlägen zum Teil Realität. Erhards Meisterstück war es, mit der Währungsreform im Juni 1948 die Preisbindung für viele Waren aufzuheben. Die Geschäfte füllten sich. Sein politischer Aufstieg war vorgezeichnet. Er wurde zu einem beliebten Bundeswirtschaftsminister.
1949 errang er übrigens als Parteiloser für die CDU ein Direktmandat im Bezirk Ulm/Heidenheim. Er brachte es als Nachfolger Konrad Adenauers bis zum Bundeskanzler, ein Amt, das ihm nicht auf den Leib geschnitten war. In der Rezession von 1966 kam Erhards Programm der "Sparsamkeit und Nüchternheit" bei den Menschen nicht gut an. Sein Stern begann zu sinken. Kurt Georg Kiesinger wurde Kanzler. Bis heute streiten die Wissenschaftler darüber, ob Erhard jemals Mitglied der CDU war. Zuletzt mehrten sich die Stimmen, die versichern, er sei der Partei nicht beigetreten.
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