Um die Energiewende in Deutschland zu einem Erfolg zu machen, werden immer wieder intelligente Stromnetze als wichtiger Baustein genannt. Allein, es gibt sie bisher kaum. Eines der ersten intelligenten Stromnetze aber ist in unserer Region verwirklicht worden – im kleinen Ortsteil Wertachau bei Schwabmünchen. Die Lechwerke mit Sitz in Augsburg und deren Mutterkonzern Innogy haben dort in einem bundesweit beachteten Pilotprojekt ein solches Netz aufgebaut und getestet. Fast alle Haushalte der Wertachau nahmen daran teil – insgesamt 115. Jetzt liegen die Ergebnisse des Projektes vor, das unter dem Namen "Smart Operator" lief.
Einer der Einwohner der Wert-achau ist Andreas Koch, 46. Er ist im Jahr 2012 in den Ortsteil gezogen. Der Ingenieur wohnt dort zusammen mit seiner Frau, der kleinen Tochter und dem jungen Sohn in einem Haus, Baujahr 1952. Er ist einer der Teilnehmer des Projektes. Fast zeitgleich mit seinem Zuzug fiel der Startschuss.
Für Andreas Koch und seine Familie sah dies so aus, dass die Waschmaschine lief, wenn die Sonne scheint. Und das E-Auto wurde dann geladen, wenn Photovoltaikanlagen viel Strom lieferten. Denn das Ziel war, dass möglichst viel in der Wertachau erzeugte Energie auch vor Ort verbraucht wird. Und in der Wertachau wird einiger Strom selbst erzeugt – es gibt viele Photovoltaikanlagen. Gelingt es, Verbrauch und Erzeugung zur Deckung zu bringen, kann ein kostspieliger Ausbau der Netze vermieden werden, berichten die Lechwerke. Und der Netzausbau gilt bisher als eine große und teure Baustelle der deutschen Energiewende.
Die intelligenten Geräte brauchen schnelles Internet
In den Haushalt der Kochs zogen mit dem Projekt eine neue Spülmaschine, ein neuer Trockner und eine neue Waschmaschine ein. Die Geräte sind intelligent, können also den Befehl entgegennehmen, genau dann zu waschen, wenn in der Wertachau viel Sonnenstrom zur Verfügung steht. In insgesamt 23 Haushalten kamen solche intelligenten Geräte zum Einsatz. Daneben investierten die Kochs in eine Photovoltaik-Anlage und einen Batteriespeicher, der überschüssigen Strom für den Haushalt zwischenspeichert. Rund 23.000 Euro kosteten den Haushalt alle Investitionen – inklusive der Haushaltsgeräte. Die Lechwerke subventionierten allerdings für die Projektteilnehmer die Ausgaben. Auch ein Elektroauto bekam die Familie zeitweise. Zudem wurde ihr Haushalt wie alle anderen an ein Glasfasernetz angeschlossen. Denn um die Daten des intelligenten Stromnetzes verwalten zu können, ist schnelles Internet nötig.

Herzstück des Projektes war ein zentraler Rechner für den ganzen Ort – der "Smart Operator". Dieser stimmt Stromangebot und Stromnachfrage aufeinander ab. Ist viel Strom im Ortsnetz, kann er den Haushalten Signale senden, dass zum Beispiel die intelligente Spülmaschine angeschaltet werden kann. Zudem wurde ein großer Batteriespeicher im Ort installiert, der weiteren Strom aufnehmen konnte. Was waren nun die Erfahrungen?
Clevere Waschmaschine bringt nur wenig
Das Projekt in der Wertachau habe gezeigt, dass Ortsnetze 35 Prozent mehr Strom aus lokalen Quellen aufnehmen können, berichtete Stefan Willing, Projektleiter "Smart Operator" bei Innogy. Den größten Beitrag zur Netzentlastung bringen dabei Batteriespeicher und die Elektroautos. Das Potenzial cleverer Waschmaschinen, Trockner und Geschirrspüler war dagegen eher gering. Viele der Geräte laufen sowieso immer mittags, wenn viel Sonnenstrom im Netz ist.
Wenn aber vorhandene Ortsnetze 35 Prozent mehr Strom aus lokaler Erzeugung aufnehmen können und dadurch besser genutzt werden, ist das aus Sicht der Lechwerke ein wichtiger Beitrag zur Energiewende. "Wir brauchen solche smarten Lösungen, damit ein Maximum an erneuerbarer Energie mit einem Minimum an Netzausbau realisiert werden kann", sagt Lechwerke-Vorstand Markus Litpher.
Das System spart Strom und Geld
Und welche Erfahrungen hat die Familie von Andreas Koch gemacht? "Es hat funktioniert", sagt er. "Manchmal startete unvermittelt die Waschmaschine – nicht wir hatten sie angestellt, sondern der Smart Operator." Wichtiger war aber etwas anderes: Einen Großteil des Stroms decken die Kochs nun mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach. "Den Strom, den ich von außen kaufen muss, habe ich halbiert", sagt der Hausherr. Das spare Geld. Zudem sei es ein gutes Gefühl, die Energiewende voranzubringen. Es habe aber einige Zeit gebraucht, bis alle Geräte miteinander kommunizieren konnten. Wie geht es nun weiter?
Das Projekt in der Wertachau war nur ein erster Schritt. Die Lechwerke-Muttergesellschaft Innogy will die Erkenntnisse in zwei weiteren Projekten in größerem Maßstab an anderer Stelle fortführen. Statt nur eines "Smart Operators" kommen dann zum Beispiel zwölf zum Einsatz. Das Ziel sei es zu erforschen, wie man eines Tages das Stromnetz "mit 100 Prozent erneuerbaren Energien betreiben kann", sagt Joachim Schneider von Innogy. Bereits in der Wertachau sei Neuland betreten worden. "Hier ist Pionierarbeit geleistet worden, es war ein echter Meilenstein in der Entwicklung", sagt Schneider.
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