Euro-Reform: Paris und Berlin auf Konfliktkurs
Brüssel (dpa) - Deutschland und Frankreich gehen angesichts der Konsequenzen aus der griechischen Schuldenkrise auf Konfliktkurs.
Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den EU-Vertrag ändern will, um auch Euro-Sünder notfalls ausschließen zu können, stellt sich die französische Finanzministerin Christine Lagarde quer.
Sie machte am Donnerstag in Brüssel deutlich, dass sie den Vorschlag Merkels ablehnt. Eine Woche vor dem EU-Gipfel in Brüssel (25. und 26. März) forderte der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou eine Entscheidung über einen europäischen Notfallplan bei dem Treffen der EU-Spitzen.
Eine Reform des EU-Vertrages bezeichnete die Pariser Ministerin als "nicht wünschenswert". Ziel sei es, die Stabilität des gemeinsamen Euro-Währung und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Lagarde fügte hinzu, es gehe eher darum, neue Kandidaten für das Eurogebiet anzuziehen. Einziger Anwärter für den Euro ist derzeit Estland.
Eine Neuausrichtung der Europäischen Währungsunion ist nötig, weil die griechische Schuldenkrise einen gefährlichen Mangel an politischer Führung in der Eurozone offenlegte. Lagarde bezog klar Stellung: "Unser Wunsch ist es, im Rahmen des Vertrages von Lissabon zu arbeiten." Und ergänzte: "Wir wollen die Funktionsmechanismen zwischen den Mitgliedsstaaten verbessern."
Bei den Arbeiten an einem Notfallplan für Griechenland tritt Deutschland seit Wochen kräftig auf die Bremse, während Frankreich auf eine Vereinbarung dringt. Lagarde bemühte sich, die Differenzen zwischen beiden Ländern herunterzuspielen: "Es gibt keine deutsch- französische Spaltung." Sie berichtete von einer Einladung ihres deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble, Ende des Monats in Berlin an einer Sitzung der Bundesregierung teilzunehmen.
Die Bundesregierung ist bei möglichen Finanzhilfen zugunsten Athens ausgesprochen zurückhaltend, weil Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas wohl einen großen Anteil übernehmen müsste. Die Griechenlandkrise gilt als die größte Bewährungsprobe in der gut zehnjährigen Geschichte des Euro.
Papandreou dringt auf eine Entscheidung bei EU-Gipfel kommende Woche zum Notfallplan. "Das ist eine Gelegenheit, die wir nicht verpassen sollten", sagte er bei einer Anhörung im EU-Parlament. Gleichzeitig drohte er damit, zum Internationalen Währungsfonds (IWF) zu gehen, wenn die EU-Partner Athen nicht zur Seite springen. "Ich hoffe, dass das nicht passiert. (...) Mir wäre eine europäische Lösung lieber." Das Wissen um einen Notfallplan wäre ein Zeichen für Spekulanten, die Finger von griechischen Staatsanleihen zu lassen, erklärte Papandreou. Dies würde die Zinsen senken.
Bereits Anfang der Woche hatten die Finanzminister der Eurozone "technische Vorarbeiten" für eine mögliche Griechenland-Rettung abgeschlosssen. Aber auch nach dem Treffen blieb unklar, wann und wie die Euro-Partner dem Krisenland unter die Arme greifen könnten. Im Ernstfall dürften bilaterale Kredite gegeben werden. Der Umfang des geplanten Hilfspaketes ist nicht bekannt, er soll sich aber auf mindestens 25 Milliarden Euro belaufen.
Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hält die Rettung des hoch verschuldeten Griechenlands für alternativlos. "Wenn wir Griechenland nicht stabilisieren können, haben wir das nächste Problem. Die Kosten sind zu hoch, wenn man keine Rettung findet", sagte Ackermann am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des Center for Financial Studies in Frankfurt. Die deutschen Banken - nicht die Deutsche Bank - hätten dort "beträchtliche Milliarden im Feuer". Nach früheren Angaben der Bank für den Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) handelt es sich um einem Betrag von gut 31 Milliarden Euro (nach aktuellem Kurs).
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