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Europa: Deutsches Handwerk bangt um seinen Meisterbrief

Europa

Deutsches Handwerk bangt um seinen Meisterbrief

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    Nicht einmal die Hälfte der Krankenschwestern in Deutschland hat ein Abitur oder Fachabitur in der Tasche. Und auch in Zukunft brauchen junge Menschen für die Arbeit des Kranken- und Gesundheitspflegers keine Hochschulreife.

    Dabei wollte die EU-Kommission ohne zwölfjährige Schulausbildung niemanden mehr zum Dienst am Kranken zulassen. Dieser Vorschlag ist vom Tisch. Das europäische Parlament hat diese Forderung zurückgewiesen. Nun droht aber neuer Streit. Denn die EU plant, viele Berufsqualifikationen anzugleichen. Vor diesem Hintergrund bangt nun das deutsche Handwerk um seinen Meisterbrief.

    Auch Ärzte, Apotheker und Elektrotechniker betroffen

    Vor wenigen Tagen hatte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier die Mitgliedstaaten aufgerufen, die bisherigen Anforderungen für 740 Berufe zu sichten, aufzulisten und nach Brüssel zu übermitteln. „Die Bedingungen für den Zugang zu den Berufen können kompliziert, beschwerlich und von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sein“, begründete der Franzose seinen Appell. Es geht um Titel, Abschlüsse und Qualifikationen für Apotheker, Ärzte, Elektrotechniker – und eben auch Handwerker im Allgemeinen.

    Beim Zentralverband des Deutschen Handwerks ahnt man nichts Gutes. Generalsekretär Holger Schwannecke forderte umgehend „Hände weg vom Meisterbrief“. Eine Schwächung „dieses bewährten Qualifizierungssystems ist nichts anderes als ein Angriff auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“. Dem stimmt man auch in der Handwerkskammer für Schwaben, kurz HWK, zu: „Erneut am Meisterprinzip zu rütteln ist unverantwortlich“, sagt HWK-Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner. „Mit der Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004 wurden 41 zulassungspflichtige Handwerksberufe festgelegt. Kriterien für die Auswahl waren Sicherheit und Ausbildungsleistung.“ Berufstipps für Schüler

    Geregelter Berufs- und Unternehmerzugang unverzichtbar

    Gerade für die Handwerke, die mit der Sicherheit der Verbraucher zu tun haben, wie etwa Elektriker, Kfz-Mechatroniker, Augenoptiker sei ein geregelter Berufs- und Unternehmerzugang unverzichtbar. Wagner sieht in dem Ansinnen der EU auch eine Gefahr für das erfolgreiche duale System und fürchtet einen „Kahlschlag für die handwerkliche Ausbildung“. Dabei werden nach Angaben der Kammer zwei Drittel der aktuellen Ausbildungsverträge bei der HWK in den 41 Meisterhandwerken abgeschlossen.

    Zugang zu bestimmten Berufen beschränken

    In Brüssel wiederum versteht man die Aufregung nicht. „Wir wissen, wie gut das deutsche System funktioniert“, heißt es aus Kommissionskreisen. Außerdem gebe es ja „gute Gründe“, um den Zugang zu manchen Berufen zu beschränken – etwa den Verbraucherschutz. Auch habe die Kommission bisher lediglich eine Aufforderung an die Mitgliedstaaten gerichtet, selbst die Berufsqualifikationen zu durchleuchten und dabei in Eigenregie über bestehende Reglementierungen nachzudenken. Ein „Eingriff“ der Kommission sei nicht geplant, heißt es bisher. Bis Ende 2016 soll die ganze Aktion abgeschlossen sein.

    Gestern wurde aber schon ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer leichteren fachlichen Anerkennung getan: Ein elektronischer Berufsbildungsausweis soll künftig als Vorlage für die Zulassungsbehörden eines Gastlandes reichen. Beim Allgemeinwissen liegt Deutschland nur im Mittelfeld

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