Ex-Wirecard-Chef Braun wegen Insiderhandel unter Verdacht
Braun verkaufte einen Tag vor Wirecards Insolvenzantrag Aktien des Unternehmens. Es geht um mehrere Millionen Euro. Nutzte er etwa sein Insiderwissen aus?
Hat sich Ex-Wirecard-Chef Markus Braun sein Insiderwissen unerlaubterweise zunutze gemacht? Die deutsche Finanzaufsicht Bafin verdächtigt ihn des unerlaubten Insiderhandels angesichts eines millionenschweren Aktienverkaufs kurz vor dem Insolvenzantrag des Unternehmens. Diesen Verdacht habe die Behörde der Staatsanwaltschaft München angezeigt, bestätigte eine Bafin-Sprecherin am Mittwoch auf Anfrage entsprechende Berichte. Es geht demnach um den Verkauf von Wirecard-Aktien im Volumen von 6,6 Millionen Euro am 24. Juni, also einen Tag, bevor Wirecard einen Insolvenzantrag eingereicht hat. Über seinen Anwalt wies Braun den Vorwurf zurück.
Weitere Aktienverkäufe von Braun werden der Bafin-Sprecherin zufolge ebenfalls geprüft. Braun war am 19. Juni zurückgetreten, später kündigte das Unternehmen seinen Anstellungsvertrag außerordentlich. Braun war mit seiner MB Beteiligungsgesellschaft lange der größte Einzelaktionär des Unternehmens, verkaufte aber mit dem Kursabsturz infolge der mutmaßlichen Luftbuchungen des Unternehmens nach und nach den größten Teil seiner Aktien - den Angaben in Stimmrechtsmitteilungen zufolge auch, um in Anspruch genommene Kredite zu bedienen.
Insiderhandel? Brauns Anwalt weist die Vorwürfe zurück
"Wir weisen diesen Verdacht, zu dem Herr Braun von der Bafin vorher nicht einmal angehört worden ist, als völlig haltlos zurück", sagte Brauns Anwalt Alfred Dierlamm der Süddeutschen Zeitung. "Zu den Einzelheiten werden wir uns ausschließlich gegenüber der Staatsanwaltschaft München I äußern."
Am 18. Juni hatte Wirecard öffentlich machen müssen, dass der Wirtschaftsprüfer EY für das Jahr 2019 das Testat verweigert hatte, weil sich rund 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten in Luft aufgelöst haben. Braun stellte sich später wegen Ermittlungen gegen ihn den Behörden und kam gegen eine Kautionszahlung wieder auf freien Fuß.
Hat die Finanzaufsicht Bafin Wirecard nicht gründlich geprüft?
In dem Bilanzskandal steht auch die Bafin kräftig unter Druck. Sie hatte nur die Konzerntochter Wirecard Bank beaufsichtigt, weil der Wirecard-Konzern als Ganzes als Technologieunternehmen eingestuft war. Zudem ermittelte die Staatsanwaltschaft München auf das Betreiben der Finanzaufsicht hin gegen die Journalisten der Financial Times, die die Aufdeckung des Skandals mit ihrer Berichterstattung ins Rollen gebracht hatten. Der Verdacht lautete, die Reporter könnten mit Börsenspekulanten gemeinsame Sache machen, um den Aktienkurs unter Druck zu bringen.
Die Aufseher haben laut einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag in den vergangenen Jahren aber mehrfach die Wirecard Bank selbst im Rahmen sogenannter Sonderprüfungen nach dem Kreditwesengesetz geprüft. Darüber hatte zuvor der Branchendienst Finanz-Szene berichtet. "Nach der Insolvenz der AG und dem Schaden vieler Anleger muss die Bafin ihre Prüfergebnisse gegenüber dem Bundestag offenlegen", sagte der Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz. "Erst dadurch sehen wir, ob an der falschen Stelle oder zu oberflächlich geprüft wurde." Die Bafin-Sprecherin sagte dazu: "Es handelte sich um Prüfungen ohne besonders schwerwiegende Feststellungen". (dpa)
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