Reform der Erbschaftssteuer: Eine Attacke auf die reichen Erben
Eine Reform der Erbschaftssteuer könnte zu einem Prestigeprojekt einer möglichen linken Koalition nach der Wahl gehören. Was sich Befürworter davon versprechen.
Ein Angriff ist immer dann besonders schmerzhaft, wenn er aus den eigenen Reihen kommt. Stefanie Bremer ist Millionärin. Sie hat ihren Reichtum nicht selbst erarbeitet, sondern geerbt. „Ich hatte Glück in der Geburtenlotterie“, sagt Bremer. Als sie ihr millionenschweres Erbe erhielt, genau will sie es nicht beziffern, profitierte sie von den Ausnahmen im Steuerrecht. Denn wenn Unternehmensbesitz vererbt wird, greifen weitgehende Verschonungsregeln, wenn der Betrieb weitergeführt wird. Firmenerben zahlen kaum Erbschaftssteuer.
Stefanie Bremer will, dass sich das ändert und ihresgleichen künftig mehr von ihrem Reichtum an den Staat abtreten. Man muss dazu wissen, dass Stefanie Bremer zwar unter diesem Namen in der Öffentlichkeit auftritt, in Wirklichkeit aber anders heißt. Deshalb ist es schwer zu überprüfen, ob ihre Geschichte stimmt. Die junge Frau will ihre Privatsphäre und ihre Familie schützen. Bremer hat sich mit drei Dutzend weiteren Millionären aus Deutschland und Österreich zusammengetan, um mehr Steuern zu zahlen. Die Chancen dafür stehen gerade so gut wie lange nicht mehr.
Eine schmerzliche Niederlage soll getilgt werden
Denn rechnerisch ist eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken möglich, wenn sich die Umfragen am Wahlabend in zwei Wochen bestätigen. Alle drei Parteien wollen ran die Erbschaftssteuer und die Privilegien für Unternehmenserben schleifen. Dass es nicht bei Absichtserklärungen bleibt, dafür will Gerhard Schick sorgen. Der frühere finanzpolitische Sprecher der Grünen zog sich freiwillig aus dem Bundestag zurück und gründete die Bürgerbewegung Finanzwende.
Schick glaubt, dass er außerhalb des Parlaments mehr erreichen kann als innerhalb. „Das erste Ziel ist, dass im neuen Koalitionsvertrag die Abschaffung dieser Ausnahmen (bei der Erbschaftssteuer) drinsteht“, sagt Schick. Deshalb will er das Thema in den nächsten Wochen und Monaten am Köcheln halten und durch eine Petition den Druck erhöhen. Schick will damit auch eine schmerzliche Niederlage in einen Sieg ummünzen.
Vor fünf Jahren gelang es den Unternehmensverbänden bei der vorerst letzten Erbschaftssteuerreform durch ihre Einflussnahme die Begünstigungen zu bewahren. „Das wurmt mich“, erklärt der frühere Finanzpolitiker mehrfach. Er rechnet vor, dass der Staat jedes Jahr rund sechs Milliarden Euro mehr einnehmen könnte, wenn die Privilegien für Firmenerben gestrichen würden. Tatsächlich listet der Subventionsbericht der Bundesregierung die Summe von 6,8 Milliarden Euro für das Jahr 2020 auf, die dem Fiskus durch die Besserstellung von Firmenerben entgangen sind.
Die Familienunternehmer wehren sich: Steuer belastet Generationenwechsel
Die Unternehmer, vor allem die Familienunternehmer, halten die Abschaffung des Vorteils bei der Übergabe eines Betriebes an die nächste Generation für keine gute Idee. „Das zeugt von großem Unverständnis“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Familienunternehmer, Albrecht von der Hagen, im Gespräch mit unserer Redaktion. Er findet, die Unternehmer geben der Gesellschaft viel zurück. Arbeits- und Ausbildungsplätze, Investitionen und Forschung gebe es ohne sie viel weniger. „Nur wenn ein Unternehmer seinen sozialen Beitrag leistet, erhält er vom Staat eine Verschonung. Das ist eine faire Besteuerung“, meint von der Hagen. Er bezieht sich darauf, dass die Erbschaftssteuer fällig wird, wenn Arbeitsplätze abgebaut werden.
Stefanie Bremer berichtet, dass bei ihrem Erbe auch befürchtet wurde, dass die Steuer das Unternehmen finanziell überlastet. Heute meint sie, ihre Familie hätte sich auf den Generationswechsel vorbereiten und dafür Geld zurücklegen müssen.
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