EU-Kommission droht Unternehmen mit gesetzlicher Quote
Die EU-Kommissarin Viviane Reding hält bei der Frauenquote verbindliche Vorgaben für denkbar. Bis Ende Mai soll die Öffentlichkeit dazu befragt werden.
Die EU-Kommission droht großen Unternehmen mit einer verbindlichen Frauenquote, um die immer noch von Männern dominierten Führungsetagen aufzumischen. Grundrechte-Kommissarin Viviane Reding könnte noch in diesem Sommer Gesetzesvorschläge für eine europaweite Vorgabe für das Top-Management von Konzernen machen.
Frankreich als gutes Beispiel für den Erfolg der gesetzlichen Quote
"Ich mag keine Quoten. Aber ich mag sehr, was sie bewirken", sagte Reding am Montag in Brüssel. Sie betonte, dass Frankreich ein gutes Beispiel für den Erfolg gesetzlicher Quoten sei und schloss Vorschläge für gesetzliche Vorgaben nicht aus.
"Das Fehlen der Frauen in den Spitzenpositionen der Geschäftswelt schadet Europas Wettbewerbsfähigkeit und behindert das Wirtschaftswachstum", urteilte die Spitzenbeamte in einer Mitteilung. Zwar sei der europaweite Zuwachs in den vergangenen beiden Jahren mit knapp zwei Prozent so hoch wie selten gewesen, teilte die Kommission mit. Allerdings gehe bereits die Hälfte davon auf Frankreich zurück. Quoten für private Unternehmen gibt es laut EU-Kommission bisher neben Frankreich nur in Belgien, Italien, den Niederlanden und Spanien. Nicht in jedem dieser Länder gibt es Sanktionen, wenn die Quote nicht eingehalten wird.
Freiwillige Maßnahmen haben bis jetzt nicht gefruchtet
Die von Reding initiierten freiwilligen Maßnahmen haben bislang nicht gefruchtet, räumte die Kommissarin ein. Eine Selbstverpflichtung, bis 2015 den Frauenanteil in der Spitze auf 30 und bis 2020 auf 40 Prozent zu erhöhen, unterschrieben in ganz Europa nur 24 Unternehmen - eine davon aus Deutschland.
Derzeit sei nur eines von sieben Vorstandsmitgliedern bei führenden europäischen Unternehmen weiblich. Seit 2010 habe ihr Anteil zwar zugenommen, dennoch würde es bei dieser Geschwindigkeit vier Jahrzehnte dauern, bis ein ungefährer Gleichstand der Geschlechter erreicht wäre.
Deutschland bleibt internationales Schlusslicht
Deutsche Unternehmen holen einer Studie zufolge bei der Frauenförderung insgesamt etwas auf. Inzwischen investieren rund 80 Prozent in die Förderung von Frauen sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wie aus einer Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey hervorgeht. Viele Programme seien aber erst seit 2010 eingeführt worden. Daher bleibt Deutschland mit Blick auf den Frauenanteil in den Vorstandsetagen mit drei Prozent internationales Schlusslicht. Immerhin sei fast jede fünfte Neubesetzung eines Dax-Vorstandsposten im vergangenen Jahr eine Frau gewesen, hat McKinsey errechnet.
In Deutschland hat sich Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen bisher offen für eine feste Quote für Großunternehmen gezeigt, Kanzlerin Angela Merkel und Familienministerin Kristina Schröder (alle CDU) lehnen diese ebenso wie der Koalitionspartner FDP jedoch ab. Laut von der Leyen gebe sich mehr Frauen in Führungspositionen vor allem in den Ländern mit gesetzlichen Schritten. Insofern sei es "konsequent, jetzt das Tempo innerhalb Europas zu erhöhen". Auch die europäischen Bürger wollen einer aktuellen Umfrage zufolge Druck machen. 75 Prozent der Befragten sprechen sich in der am Montag in Brüssel veröffentlichten Eurostat-Umfrage für Rechtsvorschriften zum Geschlechtergleichgewicht aus.
EU-Kommission will nun die Öffentlichkeit befragen
Die EU-Kommission will nun bis Ende Mai die Öffentlichkeit befragen. Von den Ergebnissen wird abhängen, ob die Brüsseler Behörde einen Gesetzesvorschlag macht oder nur eine Empfehlung. Dabei will Kommissarin Reding auch Vorschläge zur Höhe der Quote, betroffenen Unternehmen, Zeitvorgaben und Sanktionen sammeln. Außerdem kündigte Reding eine Initiative großer europäischer Management-Hochschulen an. Diese wollten am Dienstag eine Liste mit 2500 hochqualifizierten Frauen veröffentlichen, die "vorstandsfähig" seien. "Ich denke, dann wird jeder wissen, dass Talent verfügbar ist", bekräftigte die Europa-Politikerin. dpa/AFP
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