Unbezahlte Überstunden im Wert von 25 Milliarden Euro
Die Deutschen machen Milliarden von Überstunden. Etwa die Hälfte ist nicht bezahlt. Vor allem in der Gastro-Branche ist die Situation belastend.
2,15 Milliarden Überstunden haben die Deutschen im vergangenen Jahr gemacht. Diese enorme Zahl hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg festgehalten. Und die Franken nennen noch eine andere Zahl: Etwa die Hälfte davon, nämlich 1,01 Milliarden Stunden, sind unbezahlt. Würde man die geleistete Arbeit mit Geld ausgleichen, müssten die Unternehmen in Deutschland ihren Beschäftigten insgesamt 25 Milliarden Euro nachzahlen, sagt Matthias Günther. Er leitet das Pestel-Instiut, ein Beratungs- und Forschungsinstitut in Hannover und hat von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gasstätten (NGG) den Auftrag bekommen, sich mit dem Thema Überstunden zu befassen.
Gewerkschaft: Ausbeutung hat in der Gastronomie System
Denn im Gastgewerbe und in der Hotelbranche sind 45 Prozent der Überstunden unbezahlt, wie Günther herausfand. Und das ärgert die NGG. „Mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze im Hotel- und Gaststättengewerbe sind Mini-Jobs“, sagt NGG-Chef Guido Zeitler. Und Menschen, die auf 450-Euro-Basis angestellt sind, können eigentlich keine Überstunden machen, da sie sonst ihre Verdienstgrenze überschreiten. „Entweder werden diese Überstunden dann nicht oder mit ,Schwarzgeld’ bezahlt“, vermutet Zeitler. Eine Situation, die den Gewerkschafter verstimmt.
Auch Tim Lubecki, Geschäftsführer der NGG in Schwaben sieht ein Problem. In der Gastronomie fielen mehr Überstunden an als in anderen Branchen, ist er sich sicher. Warum? „Das Ausbeuten von Beschäftigten gehört zum Geschäftsmodell“, sagt er. „Wir fordern seit Jahren, dass die Arbeitszeit erfasst wird. Aber die Arbeitgeber laufen dagegen Sturm“, sagt Lubecki.
Arbeitgeber: Gastwirte müssen ihre Angestellten bezahlen
Frank-Ulrich John zählt zu den Arbeitgebern. Er ist Pressesprecher des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes und sagt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass in Bayern so viele unbezahlte Überstunden anfallen.“ Warum? Weil die Branche händeringend Fachkräfte sucht. „Ein Unternehmer kann sein Personal da gar nicht unbezahlt arbeiten lassen. Dann geht es“, sagt John. Das gleiche gelte bei 450-Euro-Jobs. „Die Stunden, die gearbeitet werden, müssen bezahlt werden“, sagt der Dehoga-Mann. Er will aber nicht ausschließen, dass es in seiner Branche schwarze Schafe gebe. „Aber hinter denen stehen wir nicht“, sagt John.
Die Diskussion ist geschlossen.