Gelungener Start an der Börse
Ende gut – alles gut: Siemens bringt seine Gesundheitssparte mit Kursgewinnen an die Börse. Kurz zuvor gab es allerdings eine peinliche Panne
Die Pläne von Siemens-Chef Joe Kaeser gehen auf: Mit einem soliden Börsen-Einstand für die Medizintechnik-Sparte Healthineers kommt er seinem Ziel ein gutes Stück näher, aus dem einst etwas schwerfälligen und weitverzweigten Elektrokonzern einen Flottenverbund mit einzelnen Schnellbooten zu machen. Kurz vor knapp kam es allerdings zu einer peinlichen Panne auf dem Parkett: Ausgerechnet zum „Tag der Aktie“, mit dem den Menschen in Deutschland eigentlich die Geldanlage in Wertpapiere nahegebracht werden soll, hakte es im Handelssystem der Deutschen Börse.
Gut eine Stunde länger als geplant musste sich deshalb das angereiste Management gedulden, bis der erste Kurs der Healthineers-Aktie auf der Tafel erschien – und für Freude und Erleichterung sorgte, nachdem während der Wartezeit schon die ein oder andere Sektflasche vorzeitig entkorkt worden war: Mit 29,10 Euro lag der Einstandskurs um knapp vier Prozent über dem Ausgabepreis von 28 Euro, auch im Tagesverlauf verbuchten die Papiere zunächst Kursgewinne. Der Börsenneuling selbst sprach von einem erfolgreichen Debüt: „Wir sind stolz und freuen uns, diesen wichtigen Meilenstein erreicht zu haben“, erklärte Healthineers-Chef Bernd Montag.
Auch auf dem Weg dahin hatte Siemens allerdings gewisse Hindernisse zu bewältigen: Die 4,2 Milliarden Euro, die der Elektrokonzern durch die Platzierung von 15 Prozent seiner Medizintechniktochter hereinholt, liegen deutlich unter den ursprünglichen Analystenerwartungen, die im besten Fall mit 6 bis 10 Milliarden Euro gerechnet hatten. Trotzdem bleibt es einer der größten Börsengänge der deutschen Geschichte. Auf ein noch größeres Platzierungsvolumen kamen nur die Deutsche Telekom 1996, die Deutsche Post und die einstige Siemens-Chiptochter Infineon im Jahr 2000 sowie der nun vor der Zerschlagung stehende Energieanbieter Innogy.
Mit Ausgliederungen wie der von Siemens Healthineers will Kaeser einzelne Konzerneinheiten selbstständiger und damit agiler und wettbewerbsfähiger machen. Dafür hatte er bereits das Windgeschäft mit dem spanischen Konkurrenten Gamesa fusioniert. Für das Zuggeschäft ist ein Zusammenschluss mit dem französischen Wettbewerber Alstom vereinbart. Mit dem Börsengang von Healthineers soll es also künftig drei börsennotierte Töchter geben, die annähernd für die Hälfte des Konzernumsatzes stehen.
Siemens hatte in der Vergangenheit schon häufiger Geschäfte über die Börse abgegeben, die aus Sicht des Managements nicht mehr zum Kern gehörten: etwa 1999 die Bauelementetochter Epcos, 2000 das Chipgeschäft Infineon und 2013 die Lichttochter Osram. Die Unternehmen entwickelten sich danach alle unterschiedlich. Gemeinsam haben sie jedoch eins: Nach dem Börsengang folgten teils schmerzhafte Restrukturierungsprozesse. An keinem der Unternehmen hält Siemens heute noch Anteile. Bei Healthineers, Gamesa und Alstom soll das anders sein – hier will Siemens die Mehrheit behalten.
Ein weiterer Kritikpunkt, auch von Investoren, ist der schleichende Machtverlust von Siemens bei den Töchtern. Die Entscheidungsmacht wird delegiert, auch wenn Siemens über die Aufsichtsräte weiterhin ein wichtiges Wort mitredet. Kaeser sieht nach früheren Aussagen kein Problem darin. Die Konzernmutter kann jedoch nicht mehr durchregieren. Was passiert, wenn es zu Konflikten kommt, ist offen. Investoren haben noch gut den Streit mit dem Osram-Management über deren neue Strategie in Erinnerung. Der Konflikt dürfte dazu beigetragen haben, dass sich Siemens von seinen restlichen Anteilen trennte. (dpa)
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