Grüne Woche in Berlin: Verbände fordern mehr Tierschutz
Umweltorganisationen fordern auf der 83. Grünen Woche in Berlin schärfere Regeln beim Tier- und Umweltschutz. Bayerns Agrarminister Helmut Brunner kritisiert auch die Verbraucher.
Zum Start der Internationalen Grüne Woche in Berlin wird der Ruf nach mehr Tier- und Umweltschutz in der Landwirtschaft lauter - auch die Macht der Verbraucher rückt in den Blick. Mehrere Verbände protestierten am Freitag gegen Riesenställe und forderten schärfere gesetzliche Regeln. Aus der Politik kamen Appelle an Supermarktkunden und Handel, dass höhere Produktionsstandards auch mehr Kosten bedeuteten. Am Rande der Messe geht es an diesem Samstag bei einer Demonstration und einer internationalen Ministerkonferenz in Berlin ebenfalls um schonendere landwirtschaftliche Methoden.
Weniger Gülle und Antibiotika: Greenpeace fordert Wende
Die Umweltorganisation Greenpeace verlangte: "Wir brauchen eine ökologische Agrarwende, mit der Tiere besser gehalten und in der weniger Gülle und Antibiotika eingesetzt werden." Bauern sollten auf das umstrittene Unkrautgift Glyphosat und bienengefährdende Pestizide verzichten. Am Funkturm auf dem Messegelände befestigten Kletterer der Organisation am Morgen ein Transparent mit der Aufschrift "Lasst die Sau raus", um für eine bessere Tierhaltung zu demonstrieren.
: "Landwirtschaft gehört in die Mitte der Gesellschaft." Bei der Ernährungssicherung trage sie "größte Verantwortung". Im Zentrum der Diskussionen stünden Tierwohl und Ackerbau, auch mit geringerem Einsatz von Unkrautvernichtern. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hob die Internationalität der Messe hervor. Es sei gut, dass auch Russland wieder präsent sei. Das Land war der Grünen Woche wegen des Ukraine-Konflikts zwei Jahre ferngeblieben.
Bayerns Agrarminister kritisiert die Verbraucher
. Bis zum 28. Januar präsentieren sich 1660 Aussteller aus 66 Ländern. Partnerland ist in diesem Jahr Bulgarien. Erwartet werden 400.000 Besucher. Während des Eröffnungsrundgangs liefen einige Tierschützer rufend vor die Kameras, sie wurden von Sicherheitsleuten abgedrängt.
Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) sieht in der Debatte um mehr Tierwohl und Umweltschutz auch Defizite bei den Verbrauchern. "Ich habe den Eindruck, es ist sogar teilweise Scheinheiligkeit dabei, wenn man auf der einen Seite hohe Standards einfordert von unseren Bauern, aber dennoch nicht bereit ist, die höheren Produktionskosten auch zu honorieren."
Bundesentwicklungsminister will fair gehandelten Kaffee in öffentlichen Einrichtungen
Die Verbraucherorganisation Foodwatch warf Brunner Scheinheiligkeit vor. Er habe seit Jahren die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass jedes einzelne Nutztier so gut und gesund gehalten werde wie nötig und möglich, sagte Kampagnendirektor Matthias Wolfschmidt. Er forderte, dass nur noch Lebensmittel von nachweislich gesunden Tieren in den Handel kommen. "Die Verbraucher haben den Preis zu zahlen, den solchermaßen tierfreundlich erzeugte Lebensmittel kosten."
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte ein Vorangehen des Staates, um fair gehandelten Lebensmitteln den Weg in Deutschland zu ebnen. "Unsere Rathäuser, die Krankenhäuser, der öffentliche Dienst, auf den Polizeistationen - da sollte morgen umgestellt werden auf fairen Kaffee." Die Vorsitzende der Länder-Agrarminister, Christina Schulze Föcking (CDU) aus Nordrhein-Westfalen, kritisierte, Nahrungsmittel als Lockangebote würden unter Wert verkauft.
"Wir haben es satt": Rund 100 Organisationen rufen zu Demonstrationen auf
Am Samstag werden in Berlin Tausende zur jährlichen Demonstration von Bauern, Umwelt- und Tierschützern erwartet. Rund 100 Organisationen, darunter Verbände ökologisch und konventionell wirtschaftender Bauern, Umwelt- und Tierschützer und kirchliche Hilfswerke haben dazu aufgerufen. Sie fordern unter dem Motto "Wir haben es satt" eine ökologischere, von Familienbetrieben geprägte Landwirtschaft mit mehr Tierschutz. Bei einem Agrarministertreffen wollen Regierungsvertreter aus rund 70 Staaten über weltweite Tierschutzstandards beraten. (dpa)
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