Wie die Mietlücke Hartz-IV-Empfänger in die Enge treibt
Hartz-IV-Empfänger in Bayern müssen immer mehr von ihrem wenigen Geld für ihre Wohnung zuschießen, weil das Amt nicht die volle Miete trägt. Doch es gibt auch Zuversicht.
Bayern ist ein wohlhabendes Land, in dem es viel Arbeit gibt. Doch auch im Freistaat gibt es Leute, die nicht vom langen Wirtschaftsaufschwung vor Corona profitiert haben. Für einen Teil der Empfängerinnen und Empfänger von Hartz IV wird es härter, sich das Leben in Bayern leisten zu können.
Der Grund: Der Boom auf dem Immobilienmarkt hat auch die Mieten im Freistaat kräftig nach oben getrieben. Nicht alle Jobcenter gleichen den Anstieg komplett aus. Die entstehende Lücke müssen die Hartz-Bezieher aus ihrem Regelsatz begleichen, also dem Geld, das sie für das tägliche Leben bekommen. Von den knapp über 200.000 Haushalten in Bayern, die von Hartz IV leben, liegen bei 37.900 die Mietausgaben über der vom Jobcenter anerkannten Leistung. Das geht aus einer Anfrage der Linkspartei an die Bundesregierung vor. "Das ist eine soziale Katastrophe. Eine so hohe Wohnkostenlücke bedeutet im Grunde eine Kürzung des Existenzminimums durch die Hintertür", sagte die Linken-Abgeordnete Nicole Gohlke aus München.
Die Wohnkostenlücke von Hartz-IV-Empfängern hat sich verdoppelt
Der Hartz-IV-Satz für Alleinerziehende liegt aktuell bei 446 Euro im Monat. Von der Summe geht bei den knapp 38.000 Beziehern immer mehr davon ab, um die Miete zu begleichen. Die Wohnkostenlücke hat sich binnen zehn Jahren verdoppelt: Betrug sie im Jahr 2011 noch durchschnittlich 51 Euro pro Monat, hat sie sich bis 2020 auf 105 Euro ausgeweitet. In München macht sie sogar 213 Euro aus. "Als Sofortmaßnahme braucht es jetzt eine grundlegende Reform von Hartz IV, damit künftig die kompletten Mietkosten übernommen werden", forderte Gohlke. Besonders betroffen sind laut den amtlichen Daten Familien mit Kindern. In Bayern sind es 14.400, für die die Mietpauschale des Amtes nicht ausreicht.
Die Hauptursache für die Verdopplung der Mietlücke ist der aus dem Lot geratene Immobilienmarkt. Im Mittel stiegen die Kaltmieten freier Wohnungen im Freistaat zwischen 2011 und 2020 um durchschnittlich 4,9 Prozent pro Jahr. In vielen Städten und Gemeinden Bayerns gibt es wenige freie Wohnungen. Verschärft wird die Problematik für Menschen mit wenig Geld, weil tausende Sozialwohnungen weggefallen sind. Der Mietenzuschuss für Hartz-IV-Empfänger ist nicht bundeseinheitlich festgelegt, sondern orientiert sich am Wohnungsmarkt vor Ort, weil die Mieten in Augsburg beispielsweise andere sind als in Hof.
Problematisch für die Empfänger der staatlichen Grundsicherung ist, dass die Jobcenter teilweise mit veralteten Mietspiegeln arbeiten, die von der Wirklichkeit längst überholt worden sind. Folglich fällt der Zuschuss dann geringer aus, als es eigentlich notwendig wäre. Wegen knapper Wohnungen können Hartz-IV-Empfänger schwer in eine billigere Bleibe umziehen. Als angemessen wird in der Regel eine Wohnung mit einer Größe von 50 Quadratmetern für Alleinlebende von der Behörde anerkannt. Für jede weitere Person im Haushalt kommen 15 Quadratmeter hinzu.
Weniger Haushalte in Bayern von Wohnkostenlücke betroffen
Zum vollständigen Bild gehört aber auch, dass sich zwar die Wohnkostenlücke in Bayern zwar stark ausgedehnt hat, aber weniger Haushalte in Grundsicherung davon betroffen sind. Im Jahr 2011 waren es noch 97.600, die für ihre Wohnung einen Teil des Regelsatzes aufwenden mussten.
Die Linke verspricht den Wählerinnen und Wählern, Hartz IV abzuschaffen und durch eine Mindestsicherung in Höhe von 1200 Euro pro Monat zu ersetzen. Damit die Mieten nicht weiter klettern, soll ein Mietendeckel nach Berliner Vorbild in ganz Deutschland eingezogen werden.
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Dieses Problem haben auch Mieter, die nicht Hartz IV beziehen. Das Gehalt steigt leider nicht in den Ausmaß, wie die Mieten. Und selbst wenn die Kaltmiete moderat ist, steigen die Nebenkosten in einer Dimension, dass es für viele kaum mehr tragbar ist.