In der Krise rücken Verbände und Minister zusammen
Bislang waren die Verbände und Minister Altmaier keine Freunde. Das ändert sich. Und: Arbeitgeber freuen sich über ein Ende der 14-Tage-Regelung bei Krankschreibungen.
Vor dem Corona-Ausbruch war es um die Beziehung zwischen Wirtschaftsminister Peter Altmaier und den deutschen Unternehmen schlimm bestellt. Die Industriestrategie des CDU-Politikers etwa wurde von den Wirtschaftsverbänden in der Luft zerrissen. Seitdem das Land dem Virus ausgeliefert ist, wendet sich das Blatt. Die Chefs der Lobbyvereinigungen HDE, BDI und DIHK jedenfalls überschlugen sich am Freitag nach Videokonferenzen mit Altmaier nahezu in ihren Lobeshymnen für den Wirtschaftsminister und die Regierung insgesamt.
Eric Schweitzer, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), lobte beispielsweise den „sehr, sehr konstruktiven und partnerschaftlichen Dialog“ mit dem Minister. „Wirklich vielen Dank für die gute bis her sehr gute Zusammenarbeit“, schwelgte der DIHK-Chef, dessen gute Laune sicherlich auch von den vielen Milliarden Euro herrührt, die von der Regierung gerade an die Not leidende Wirtschaft ausgegeben werden.
Warum Unternehmen in der Corona-Krise einen klaren Fahrplan brauchen
Zur DNA der Wirtschaftsverbände gehört es aber auch, Forderungen zu stellen. Schweitzer sprach sich unter anderem dafür aus, dass bereits jetzt die Verluste durch die Corona-Krise mit dem Gewinn der letzten Jahre verrechnet werden können. Die Unternehmen bräuchten zudem einen klaren Fahrplan.
Dieter Kempf, Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), forderte wie zuvor auch Schweitzer mehr Planungssicherheit. „Ich bin besorgt, dass sich die Vorbereitung der Politik zum Neustart in 14-Tages-Plänen erschöpft“, sagte er und appellierte an die Bundesregierung, bereits jetzt die mittel- und langfristigen Folgen des Shutdowns stärker als bislang in den Blick nehmen.
Wieso diskriminierungsfreie Lockerungen für den Handel wichtig sind
Für den Handelsverband Deutschland (HDE) kritisierte Präsident Josef Sanktjohanser erwartungsgemäß die 800-Quadratmeter-Grenze, bis zu der Geschäfte bald wieder öffnen dürfen. Sobald weitere Beschränkungen aufgehoben werden könnten, müsse es in diesem Bereich eine „diskriminierungsfreie Lockerung“ geben, sagte der HDE-Chef, der bei Altmaier mit seiner Kritik auf Verständnis stieß. Der Minister betonte aber auch, dass man bei Lockerungen nur schrittweise vorgehen könne, um eine Erhöhung der Infektionszahlen zu verhindern. Mit Blick auf die Milliardenhilfen des Bundes versprach der CDU-Politiker, „Fehler und Unzulänglichkeiten“ bei der Auszahlung weiter zu korrigieren.
Keine Perspektive hatte Altmaier für die Unternehmen anzubieten, die von Großveranstaltungen leben. Diese werde es „auf absehbare Zeit“ nicht geben, sagte der Minister in Richtung von Messebauern und anderen.
Krankmeldungen per Telefon sind nicht mehr möglich
Die deutschen Arbeitgeber zeigten derweil erfreut darüber, dass Gelbe Scheine per Telefon ab Montag nicht mehr möglich sind. „Wir begrüßen das Auslaufen der Sonderregelungen für telefonische 14-Tage-Krankschreibungen“, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. Sie sei in der Sondersituation richtig und angemessen gewesen. „Mit der schrittweisen Normalisierung ist es ebenso richtig, zum Regelzustand zurückzukehren“, meinte Kampeter.
Zuvor hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen beschlossen, dass Arbeitnehmer für Krankschreibungen bei leichten Atemwegsbeschwerden ab kommender Woche wieder zum Arzt gehen und sich körperlich untersuchen lassen müssen. Die wegen Corona eingeführte Ausnahmeregelung wurde damit nicht verlängert.
Altmaier kündigte derweil eine Dialogplattform und einen Pakt mit der Wirtschaft im Kampf gegen Corona an. In den nächsten Tagen werde er Vorschläge einbringen, wie man wirtschaftliche Aktivitäten hochfahren und zugleich verhindern könne, dass die Ansteckungsgefahr zunehme, erklärte der Minister. In Anlehnung an die jüngste Gemeinschaftsprognose der führenden Wirtschaftsinstitute stellte Altmaier fürs kommende Jahr ein Wachstum von etwa fünf Prozent in Aussicht - so es denn gelingt, die Corona-Epidemie wirkungsvoll einzudämmen.
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