
Die Revolution des Joe Kaeser: Siemens-Chef baut Konzern radikal um

Der Siemens-Chef spaltet die Energie-Sparte ab - und baut den Konzern radikal um. Das ist weitsichtig und gefährlich zugleich. Ein Kommentar.

Normalerweise bahnen sich Revolutionen von unten an, um dann die Mächtigen hinwegzufegen. Bei Siemens läuft es anders. Hier zettelt der Chef von oben den Umbruch an. Er will das Unternehmen in ein neues Zeitalter führen. Der Boss der Revolte heißt Joe Kaeser. Seine Strategie läuft darauf hinaus, immer mehr Sparten des Unternehmens - wie nun auch den Energiebereich - zu verselbstständigen. Er will ihnen mehr Freiheit geben, sodass diese schlankeren und schnelleren Einheiten dann den sich durch die Digitalisierung radikal verändernden Wettbewerb besser bestehen können.
Joe Kaeser will als Siemens-Retter die Revolution von oben
Kaeser ist also nicht der Siemens-Zertrümmerer, der wild mit einem Vorschlag-Hammer um sich schlägt. Er sieht sich zumindest als Siemens-Retter, der in guten Zeiten verhindern will, dass zunächst Unternehmensbereiche und dann der Konzern insgesamt in Schieflage geraten. Dies ist weitsichtig und gefährlich zugleich. Denn es gibt keine Garantie dafür, dass sich in die Freiheit entlassene Geschäftsfelder auch freischwimmen und erfolgreich sind. So hat sich Siemens einst von Osram getrennt.
Nach anfänglicher Euphorie hat Osram im vergangenen Jahr die Abhängigkeit von der Autoindustrie negativ zu spüren bekommen und gilt nun als Übernahme-Kandidat. Gleiches passiert der Energie- und Kraftwerksparte, einem traditionellen Siemens-Geschäft, hoffentlich nicht. Wie versprochen, muss der Mutter-Konzern auch nach einem Börsengang als Schutzmacht und Großaktionär der Tochter zur Seite stehen. Ursprünglich sollte der Energiesektor mit einem asiatischen Unternehmen zusammengelegt werden. Japaner und Chinesen waren hier im Gespräch. Doch Gewerkschafter leisteten erfolgreich Widerstand.
Gelingt Joe Kaeser die Revolution bei Siemens?
Mit der deutschen Lösung können unter dem Strich wohl mehr Arbeitsplätze erhalten bleiben, als wenn ein starker Partner ins Boot geholt worden wäre. Doch der Energiebereich ist einem harten Wettbewerb ausgesetzt. Große Gasturbinen etwa, mit denen Siemens in der Vergangenheit viel Geld verdient hat, sind kaum noch gefragt. Auch deshalb hat der Konzern begonnen, in dem Bereich Stellen zu streichen.
Am Ende zeigt sich erst in einigen Jahren, ob die künftig selbstständige Siemens-Energiesparte wirklich ein erfolgreiches Power-House wird, dass massiv von der Energiewende profitiert, oder ob der Bereich das Schicksal von Osram erleidet und von Übernahmegerüchten heimgesucht wird. Noch ist es also viel zu früh, dem Revoluzzer Kaeser Kränze zu flechten. Schon manche Revolution hat ihre Kinder aufgefressen.
Die Diskussion ist geschlossen.
Gebe Ihnen beiden Recht...nur darum geht es auch in diesem Falle nicht... money talks, bullshit wälks! Hab seinerzeit mit 16 meine Ausbildung zum Fernmeldeelektroniker bei Siemens in Hamburg absolviert...egal, interessiert niemanden mehr, da waren wir (1980) als 'Junge' noch stolz bei Siemens zu arbeiten,,,heute ist eigentlich nur noch schämen angesagt,,,
Dem ist nichts hinzuzufügen ... :-)
Wenn Siemens etwas ausgliedert ist das Schicksal oft schon besiegelt - wie die Beispiele zeigen.
Ich konnte nie verstehen, dass man das Gasturbinengeschäft verscherbelt hat?
In einer Zeit, in der man die anderen - deutlich schmutzigeren oder gefährlicheren - Energieerzeuger abschalten wollte?
Das Erdgas wird als Brückentechnologie vermutlich noch Jahrzehnte gebraucht.
Wesentlich sauberer, schnell zu- und abschaltbar, einfach regelbar - dezentral einsetzbar für den Lücken und Spitzenbedarf - ohne neue Netze und teure, umstrittene Hochspannungsleitungen durch das ganze Land bauen zu müssen.
Dazu kommt, dass man mit "Power-to-Gas-Technologie" die erneuerbaren Energien bei Bedarf zu Erdgas transformieren kann und in den gigantischen, vorhandenen "Energiespeicher" Erdgasnetz einspeichern kann - die Infrastruktur ist da und kann sofort genutzt werden.
Das Erdgas - das länger als alle fossilen Energieträger vorhanden ist - ist flüchtig und wird uns irgendwann in die Atmosphäre platzen - ob wir es nutzbringend verbrennen oder nicht. Entweder durch geologische Verschiebungen, oder - noch früher - aus den Meerestiefen bei weiterer Erwärmung. Methan ist unverbrannt ein noch schlimmerer Klimakiller als wenn man es verbrannt in die Luft bringt.
Daran ist m.M. nach aber nicht nur Siemens schuld, sondern die konzeptlose Energiewenden-Planung unserer Lobby-gesteuerten Regierung.
Aber Siemens und ähnliche Konzerne verstehen doch sonst auch ihre Ideen in die Politik einfließen zu lassen - falls Ideen da sind? :-)
Ein Buchhalter war noch nie ein guter Unternehmer.