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Unternehmen
08.03.2013

Lagerkoller bei Amazon

Von systematischer Überwachung will Amazon nichts wissen.
Foto: Jan-Philipp Strobel, dpa

Druck, Schikanen, systematische Kontrollen – fast täglich gibt es neue Anschuldigungen gegen Amazon. Einzelne Vorfälle, wie der Online-Händler sagt? Oder systematische Ausbeutung?

Für den 28-Jährigen war der Job bei Amazon eine Chance. Schluss mit Leiharbeit, endlich ein richtiges Arbeitsverhältnis. Das Angebot des Online-Händlers schien lukrativ: zwölf Monate, 9,50 Euro die Stunde, Aussicht auf Übernahme. Als Packer fing Olaf H. (Name geändert) vor neun Monaten im Logistikzentrum in Graben, 20 Kilometer südlich von Augsburg, an. Doch aus der Chance, die er sich erhofft hatte, wurde ein Albtraum: „Ich bin brutal enttäuscht worden“, sagt er. Permanenter Druck, Schikanen und systematische Kontrollen. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm wird.“

Olaf H. ist nicht der Einzige, der Anschuldigungen erhebt. Fast täglich kommen neue Vorwürfe gegen Amazon ans Licht. Von unmenschlichen Arbeitsbedingungen ist die Rede, von Verstößen gegen das Arbeitsrecht, von ungerechtfertigten Kündigungen. Seit die ARD eine Dokumentation über die Situation von Leiharbeitern bei Amazon ausgestrahlt hat, ist ein Proteststurm entbrannt. Amazon steht am Pranger. Im Internet rufen Kunden zum Boykott auf. Ehemalige Mitarbeiter schimpfen über den „modernen Sklavenhandel“, wie ein Nutzer auf der eigens gegründeten Facebook-Seite „Amazon? Nein Danke!“ schreibt. Eine Welle des Aufruhrs rollt über das Unternehmen hinweg.

Vorgaben müssen eingehalten werden. Um jeden Preis

Olaf H. ist froh über diesen öffentlichen Protest. Er hat sich gemeinsam mit zwei Kollegen an unsere Zeitung gewandt. Ihre Namen wollen sie nicht nennen, aus Angst vor Repressionen. Aber sie wollen publik machen, was hinter den Mauern des riesigen Komplexes an der B 17 vor sich geht. Sie wollen, dass die Kunden wissen, unter welchen Bedingungen ihre Päckchen versandfertig gemacht werden.

Olaf H. und seine Kollegen schildern ein Arbeitsklima, in dem Mobbing offenbar zum Alltag gehört. Was zählt sei einzig die Leistung, sagen sie. Vorgaben müssen um jeden Preis eingehalten werden. Wer nicht Schritt hält, wird abgemahnt. Mit Gelben Karten. Bei der dritten folge die Rote: der Rausschmiss, der manchmal innerhalb eines Tages vollzogen werde. Der Druck von oben übertrage sich auf die Mitarbeiter.„Mittlerweile ist es beinahe wie bei der Stasi, jeder horcht den anderen aus“, sagt Olaf H.s Kollegin. Die ständige Präsenz des Sicherheitsdienstes, der auch zur Mittagspause Diebstahlskontrollen durchführt, verschärfe die Situation. Und nicht nur das: Die Kontrollen kosten Zeit, die den Mitarbeitern von der Pause abgeht. „Wir sind nichts anderes als Ressourcen, zum Verbrauchen und Wegschmeißen“, sagt einer von ihnen.

Max Weinkamm kennt diese Vorwürfe. Trotzdem: „Es gibt aus meiner Sicht keinen Anlass, etwas Negatives über Amazon zu sagen.“ Weinkamm ist Sozialreferent in Augsburg, in einer Stadt also, deren Sozialstruktur als problematisch gilt: Viele Arbeitslose verfügen über keine oder nur geringe Qualifikation. Der Anteil an Migranten liegt bei 40 Prozent. Die Sprachkenntnisse der Jobsuchenden reichen oft nicht, um eine gute Arbeit zu bekommen. In den riesigen Hallen draußen auf dem Lechfeld aber, zwischen meterhohen Regalwänden, zählt das Anpacken, nicht die Bildung. Die Ansiedlung des Online-Riesen bejubelte Weinkamm förmlich: „Das ist das beste soziale Ereignis des Jahres.“ Und der Chef der Augsburger Arbeitsagentur, Reinhold Demel, prophezeite: „Es wird für viele Arbeit geben, die sonst nur schwer in Beschäftigung gekommen wären.“

Jeder achte Langzeit-Arbeitslose in Augsburg wurden zu Amazon vermittelt

Im September 2011 ging das erste Amazon-Päckchen aus Graben hinaus ins Land. Tatsächlich sorgte das Unternehmen für einen Job-Boom. Fast 2500 Menschen haben die Arbeitsagenturen in der Region in den vergangenen zwei Jahren ins Logistikzentrum vermittelt. Das Augsburger Jobcenter hat 2012 jeden achten Langzeitarbeitslosen bei Amazon untergebracht, darunter auch „schwierige Kunden“, wie Geschäftsführer Eckhard Wieja sagt. 1000 feste Jobs und zusätzlich bis zu 2000 Stellen für Saisonarbeiter wollte Amazon schaffen. Inzwischen arbeiten wohl mehr als 2500 Menschen dauerhaft in Graben, in der Weihnachtszeit waren es bis zu 5000. Genaue Zahlen gibt es nicht.

Die Arbeitsagentur in Augsburg stellte anfangs eigens Mitarbeiter ab, um Personal für Amazon zu rekrutieren. In einem provisorischen Zelt wurden Vorstellungsgespräche geführt. Ältere Arbeitslose wurden vom Jobcenter in Augsburg sportlich getrimmt, um als Packer täglich bis zu acht Kilometer in den Hallen zurücklegen zu können.

Doch schon wenige Wochen nach der Eröffnung des Logistikzentrums setzte nicht nur der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt ein, sondern auch ein Aufschrei empörter Mitarbeiter. Löhne wurden nicht fristgerecht ausbezahlt, Mitarbeiter angeblich schikaniert. Anfangsschwierigkeiten, hieß es damals. Für Schlagzeilen sorgten auch die Eingliederungshilfen, sogenannte Maßnahmen beim Arbeitgeber, die die Arbeitsagentur finanzierte und mit denen Amazon sich sein Geschäft sponsern ließ. Mehr als 1100 Arbeitslose arbeiteten bis zu zwei Wochen als „Praktikanten“ im Lager – auf Kosten der Agentur. Der Aufschrei über diese „Subventionierung aus Steuergeldern“ war groß. Und Amazon? Das Unternehmen schwieg. Zu groß war der Zuspruch der Kunden, zu unbeugsam der Rückhalt der Politik, als dass ein internationaler Mega-Konzern sich zu solchen Vorwürfen hätte äußern müssen.

Amazon lenkt ein und will Imageschaden verhindern

Das ist nun vorbei. Amazon erklärt sich, lenkt plötzlich ein, ist um einen Austausch bemüht. Das Echo auf die jüngsten Vorwürfe ist derart gewaltig, dass man offenbar die eigene Kommunikationsstrategie überdenkt. Denn auch wenn Boykott-Aufrufe den Milliardenumsatz kaum schmälern werden, ein Imageschaden hätte doch Folgen. Wie soll Amazon sein personalintensives Geschäft stemmen, wenn ihm die Mitarbeiter davonlaufen? Wie, wenn sie gar nicht erst kommen?

„Das einzig Gute an diesem Unternehmen ist das Gehalt“, sagt Olaf H. Dem stimmt die Gewerkschaft zu. Bis zu zehn Euro verdienen die Lager-Mitarbeiter – sofern sie keine Leiharbeiter sind. Deutlich mehr, als in vielen anderen Betrieben dieses Sektors. Die haben im Wettbewerb um Personal inzwischen nachgezogen. „Wegen Amazon haben viele Zeitarbeitsfirmen in der Region ihre Löhne erhöht“, bestätigt Thomas Gürlebeck von Verdi.

Der Gewerkschaftssekretär ist ebenso wie Erwin Helmer von der Betriebsseelsorge in Augsburg ein begehrter Interviewpartner. Unnachgiebig prangern sie die Probleme in Graben an: die Kontrollen, die Arbeitszeiten. Manches habe sich schon verbessert, sagt Helmer. Seit kurzem gibt es sogar einen Betriebsrat in Graben. Ein wichtiges Anliegen dieses Gremiums: die Arbeitszeiten stärker regulieren.

Als Olaf H. und seine Kollegen sich bei Amazon bewarben, habe man ihnen versprochen: keine Wochenendarbeit, Nachtschicht nur freiwillig. Eingehalten wurde das nicht. Man habe sie genötigt, Zusatzschichten zu übernehmen, sonst drohe die Entlassung. Fiel wenig Arbeit an, habe man sie kurz nach Dienstantritt wieder nach Hause geschickt. An Betriebsseelsorger Helmer hätten sich Mitarbeiter gewandt, die zum Teil 19 Tage am Stück arbeiten mussten. Das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Schwaben hat die Dienstpläne daher nun genau im Blick.

2011 hatte man einen ersten Verstoß festgestellt. Damals hatte Amazon seine Packer und Picker an einem Adventssonntag ohne Genehmigung arbeiten lassen. Das Unternehmen musste Bußgeld zahlen. Auch bei vier weiteren Kontrollen stellte die Gewerbeaufsicht Verstöße fest, daraufhin wurden Schichtmodelle geändert. Im Sommer schritt die Gewerbeaufsicht ein, als Mitarbeiter über extreme Hitze und stickige Luft klagten, etliche sollen kollabiert sein. Die Installation einer Lüftungsanlage wurde angeordnet.

Eine Unternehmenskultur, in der man schnell aufsteigen kann

Hat man es bei dem „System Amazon“ also mit vorsätzlicher Ausbeutung zu tun? Fest steht jedenfalls: Das Unternehmen wehrt sich. Nicht zu allen Anschuldigungen will Amazon auf Anfrage Stellung beziehen. Man bittet um Nachsicht, dass bei über 88 000 Mitarbeitern weltweit „die Bewertung des Unternehmens anhand einzelner Vorfälle schwierig sei“. Die Erstellung der Schichtpläne erfolge im Einklang mit gesetzlichen Bestimmungen. Von einer „Überwachung“ will Amazon nichts wissen. Es handle sich um „hochtechnische Systeme und Prozesse, mithilfe derer wir die Sicherheit und Qualität des Arbeitsumfeldes gewährleisten“.

Aussprechen will es keiner, aber hinter vorgehaltener Hand ist im Logistikzentrum von einem hausgemachten Führungsproblem die Rede. Zehn Prozent der Vorgesetzten seien unerfahren, schlichtweg nicht geeignet, berichtet eine Führungskraft. Es gehört zur Unternehmenskultur, dass selbst der einfache Packer bei guter Leistung schnell zum „Leader“, wie es im Amazon-Jargon heißt, aufsteigen kann. Das gehe häufig schief, heißt es. Allerdings: Die Stimmung im Lager wird sogar von Mitarbeitern unterschiedlich bewertet. Ulrike K. (Name geändert) ist seit einem halben Jahr bei Amazon. „Als ungelernte Kraft zehn Euro pro Stunde zu verdienen, ist nicht gerade Schikane“, sagt sie. Mobbing und Druck kenne sie nur vom Erzählen. Dafür ist ihr etwas anderes aufgefallen: „Ein Teil der Belegschaft versucht sich mit Tricks vor der Arbeit zu drücken.“

Nach außen dringen aber überwiegend kritische Stimmen. Und inzwischen lösen die nicht nur bei Amazon Sorge aus. „Wenn wir hier ein Unternehmen haben, das durch solche Sachen diskreditiert wird“, sagt Eckhard Wieja vom Augsburger Jobcenter, „dann kann das dazu führen, dass wieder mehr Menschen in Augsburg auf der Straße stehen.“

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