
Die Molkerei Ehrmann will in Russland noch größer werden

Plus Ehrmann aus dem Unterallgäu ist in Russland bereits die Nummer drei. Nun expandiert das Unternehmen und verdoppelt mit einer Übernahme seine Mitarbeiterzahl dort – trotz schwieriger politischer Lage.
Im beschaulichen 1000-Einwohner-Dorf Oberschönegg (Landkreis Unterallgäu) fing es vor rund 100 Jahren an. Mittlerweile ist aus Ehrmann eine der größten Molkereien Deutschlands geworden. Auch international wird das Familienunternehmen immer präsenter. Nun expandiert Ehrmann erneut. Das Unternehmen übernimmt Campina LLC, eine russische Tochtergesellschaft des niederländischen Molkereigroßunternehmens FrieslandCampina. Das bestätigt Jürgen Taubert, Mitglied der Ehrmann-Geschäftsleitung, auf Nachfrage unserer Redaktion. Zum Kaufpreis haben die Vertragspartner Stillschweigen vereinbart.
Insgesamt 650 Mitarbeiter beschäftigt Campina LLC. Ehrmann wird durch das Geschäft alleiniger Eigentümer des Unternehmens, samt Vermögenswerten und vertraglichen Verpflichtungen. Einer gemeinsamen Pressemitteilung zufolge wird Ehrmann die Molkerei in Stupino in der näheren Umgebung von Moskau fortan selbstständig managen. Das Unternehmen gab an, die dort bereits produzierten und etablierten Marken „Fruttis“ und „Nezhny“ für den russischen Markt weiterentwickeln zu wollen.
Der russische Markt ist der Molkerei Ehrmann nicht fremd
Der russische Markt ist Ehrmann nicht fremd. Seit dem Jahr 1994 exportiert das Familienunternehmen haltbare Joghurtprodukte in das Land, seit 2000 produziert Ehrmann in einer eigenen Niederlassung in Raos in der Nähe von Moskau. „Russland ist für uns das zweitgrößte Land zurzeit“, sagt Taubert. Bei der russischen Bevölkerung sei außerdem ein steigender Konsum von Milchprodukten zu verzeichnen. „Es ist ein Wachstumsmarkt. Mit der Übernahme verdoppeln wir in etwa unsere Mitarbeiterzahl in Russland.“ Einen Stellenabbau in Deutschland, sagt Taubert, werde es in diesem Zusammenhang aber keinesfalls geben. Der russische Markt sei „relativ autark“, wie Taubert betont. „Wir produzieren in Russland für Russland und in Deutschland für Europa.“

Gab es bei Ehrmann vor der Transaktion Bedenken? Die Beziehungen zwischen dem Westen und Russland sind seit Jahren angespannt. Auch aktuell ist die politische Lage heikel. „Wir sind prinzipiell durchaus aktiv in Schwellenländern“, sagt Taubert. Seit Januar 2018 etwa mit einem Joint Venture in Brasilien. „Als wir Ende des vergangenen Jahrtausends nach Russland gegangen sind, herrschten dort ganz andere Verhältnisse als heute.“ Gerade im Bezug auf die damalige Wirtschaftspolitik beziehungsweise die Wirtschaft gebe es heute durchaus geordnete Verhältnisse. Taubert betont: „Sonst hätte unser Unternehmen sicher nicht solche zusätzlichen Investitionen getätigt.“
Bis der Vertrag wirksam wird, dauert es noch
Für den niederländischen Großkonzern FrieslandCampina ist der Verkauf von Campina LLC ein weiterer Schritt dahin, „seine Position in verschiedenen Märkten zu überprüfen“, wie es Roel van Neerbos, Geschäftsführer von FrieslandCampina Food & Beverage, unlängst in einer Mitteilung ausdrückte.
Bis der Vertrag zwischen Ehrmann und FrieslandCampina wirksam wird, bedarf es noch der Genehmigung der russischen Kartellbehörden sowie der Behörden in Kasachstan, Usbekistan und Weißrussland. Taubert erwartet, dass die Prüfungen in vier bis sechs Wochen abgeschlossen sein werden. „Wir hoffen, dass es keine signifikanten Auflagen geben wird. Auch weil wir nach Danone und Pepsi nach wie vor die Nummer drei auf dem russischen Markt sind.“
Ehrmann feierte im vergangenen Jahr sein 100-jähriges Bestehen
1920 gegründet, feierte Ehrmann im vergangenen Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Von Alois Ehrmann als Einmannbetrieb begonnen, beschäftigt das Familienunternehmen mittlerweile rund 780 Mitarbeiter allein an seinem Stammsitz in Oberschönegg. Zur Unternehmensgruppe gehören Tochtergesellschaften wie unter anderem die Fleischwerke Zimmermann in Thannhausen (Landkreis Günzburg), die Molkerei Gabler Saliter in Obergünzburg (Ostallgäu) oder die Milchfrisch Vertriebs-GmbH in Leonberg (Baden-Württemberg). 2019 erwirtschaftete die Ehrmann SE eigenen Angaben nach einen Umsatz von über 810 Millionen Euro.
Während die Corona-Krise anderen Branchen herbe Umsatzeinbußen bescherte, sei man bei Ehrmann insgesamt neutral durch die Pandemie gegangen, berichtet Taubert. Was Ehrmann künftig plant? Nachdem sich die High-Protein-Serie, also Produkte mit einem besonders hohen Protein-Anteil, erfolgreich auf dem Markt bewährt hätte, will Ehrmann seine Innovationstätigkeit in diesem Bereich weiterführen.
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