Mini-Zinsen: Wie der Staat den Bürgern etwas zurückgeben kann
Der Finanzminister profitiert von der Nullzinspolitik, doch die Sparer leiden darunter. Dabei gäbe es für den Staat durchaus Möglichkeiten, sie zu entlasten.
Die Angst der Deutschen um ihr Erspartes ist seit der galoppierenden Inflation Anfang der 20er Jahre ein Politikum. Der damalige Totalverlust für viele Sparer war ein Grund dafür, dass die Bürger kein Vertrauen zu ihrer Republik aufbauten und diese schließlich scheiterte. Es folgte der Aufstieg des Nationalsozialismus. Aus dieser historischen Lektion erklärt sich die Aufregung um Niedrigzinsen, Nullzinsen und Strafzinsen. Anders als in den 20er Jahren ist die Geldentwertung aktuell äußerst zahm. Der Europäischen Zentralbank ist sie sogar zu zahm, weshalb sie die Märkte mit einer nie da gewesenen Geldschwemme flutet. Das Vermögen der Sparer ist mitnichten derart gefährdet wie zu Zeiten Weimars.
Dennoch haben die Sparer, sofern sie keine Aktien oder Immobilien besitzen, in den vergangenen zehn Jahren Verluste erlitten, weil die Konten weniger abwerfen. Die Allianz beziffert den Verlust privater Haushalte zwischen 2008 und 2018 auf 123 Milliarden Euro. Der Staat sparte hingegen wegen der gesunkenen Zinsen gleichzeitig 184 Milliarden Euro. Die schwarze Null im Bundeshaushalt wäre ohne die niedrigen Zinsen der Währungshüter nicht möglich gewesen.
Wie der Staat Einsparungen zurückgeben kann
Damit hat der Staat auch die Mittel in der Hand, die Verlierer der niedrigen Rendite auf das Ersparte besserzustellen. Die Bundesregierung könnte die eingesparten Mittel teilweise zurückgeben – durch höhere Freibeträge oder Zuschüsse zur Altersversorgung.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder war neulich mit dem Vorschlag vorgeprescht, dass Sparer ihre Verluste durch negative Zinsen in der Steuererklärung anrechnen dürfen sollen. Bisher ist das nicht möglich, weil negative Zinsen keine Zinsen im Sinne des Steuerrechtes sind. Noch ist das Gros der Privatkunden nicht davon betroffen, ihren Banken Geld dafür zu geben, dass sie ihnen Geld zur Verfügung stellen. Es deutet sich aber an, dass immer mehr Institute den Strafzins der EZB an Sparer weiterreichen.
Deutschlandrente für alle? Finanzindustrie ist dagegen
Ein anderer Plan zur Stärkung der Vorsorge für das Alter ist die Einrichtung eines öffentlichen Fonds, der möglichst allen einen Zugang zum Sparen am Kapitalmarkt eröffnet. Deutschlandrente heißt das Konzept des hessischen Finanzministers Thomas Schäfer (CDU), bei den Verbraucherzentralen heißt sie Extrarente. Der Trick dabei: Anders als Versicherungsgesellschaften muss der Staat keinen Gewinn erwirtschaften, der an Aktionäre ausgeschüttet werden muss. Die Kosten blieben also gering, weshalb umso mehr an die Bürger ausgeschüttet werden könnte. Anders als bei den bekannten Riester-Verträgen müsste nach den vorliegenden Plänen jeder mitmachen, der dem nicht explizit widerspricht. Ein Teil der Rentenbeiträge flösse dem Staatsfonds zu. Vorbild ist Schweden, das bereits vor einigen Jahren ein solches Vehikel aufgelegt hat. Ein solches Instrument würde Menschen erreichen, denen der Kapitalmarkt zu riskant ist und sie abschreckt.
Die Finanzindustrie ist gegen die Deutschlandrente, weil sie die günstigere staatliche Konkurrenz fürchtet. Die Regierung könnte mit dem Instrument auch die Fehler der Riester-Rente korrigieren, die viel zu wenig Rendite abwirft und vor allem den Versicherungsanbietern genutzt hat. Jahrein und jahraus werden die Leute ermahnt, privat vorzusorgen, weil die gesetzliche Rente wegen der Alterung der Gesellschaft in Zukunft nicht mehr reichen wird. Nun liegen die Vorschläge auf dem Tisch, den Wählern konkrete Lösungen anzubieten. Die CDU hat sich auf dem Parteitag in Leipzig hingegen nur darauf verständigen können, die Riester-Rente zu reformieren. Die Partei verließ der Mut.
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