Mitarbeiter wütend auf EADS-Spitze
Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS streicht 5800 Jobs – die meisten in Deutschland. Das Werk Unterschleißheim fällt weg. Und andernorts müssen die Beschäftigten weiter bangen.
In Manching bei Ingolstadt hatten sie bereits Schlimmes geahnt. Seit Wochen ist auf diesen 9. Dezember hingefiebert worden, an dem EADS-Chef Thomas Enders seine Pläne für den Umbau des Konzerns bekannt geben wollte. Mehrmals hatte er angedeutet, dass Jobs gekürzt werden. Nur in welcher Größenordnung, das ließ Enders immer offen. Aber dass insbesondere die Rüstungssparte vor Einschnitten steht, das war klar. In Manching findet bei Cassidian die Endmontage des Eurofighters statt, auch Wartungsarbeiten werden dort ausgeführt. Ende November gingen 1500, wenn nicht 2000 Mitarbeiter vor den Werkstoren auf die Straße, um für ihre Zukunft zu kämpfen. Und die ist weiter ungewiss.
Betriebsbedingte Kündingungen sind nicht ausgeschlossen
Gestern ließ Enders die Bombe platzen. Bei EADS – das künftig nur noch „Airbus“ heißen wird – fallen bis Ende 2016 insgesamt 5800 Stellen weg. Im Vorfeld war noch von viel mehr die Rede, nämlich von bis zu 8000 Jobs. Es ist aber klar, dass der Jobabbau nicht reibungslos vonstattengehen wird. Denn EADS beginne nun, „gemeinsam mit den Betriebsräten, geeignete Sozialmaßnahmen und Lösungen für alle betroffenen Mitarbeiter zu erarbeiten“, hieß es. Personalchef Thierry Baril sagte: „Uns ist sehr daran gelegen, die sozialen Auswirkungen der notwendigen Anpassungen so weit wie möglich abzufedern.“
Damit schließt der Konzern betriebsbedingte Kündigungen nicht aus. Betriebsräte und Gewerkschaften machte dies gestern Abend zornig: „Dass betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen werden, ärgert uns sehr“, sagte Gesamtbetriebsratschef Thomas Pretzl unserer Zeitung. „Dies ist nicht die Art und Weise, wie man bisher miteinander umgegangen ist.“ Bei den Gewinnen, die der Konzern erreicht, wäre es niemandem vermittelbar, Mitarbeiter vor die Tür zu setzen, argumentierten Betriebsrat und IG Metall.
Personenabbau: Zwischen 1.000 und 1.450 Stellen
Doch bis gestern Abend war nicht bekannt, wie viele Leute an welchen Standorten genau gehen müssen. Der Restrukturierungsplan für das Verteidigungs- und Raumfahrtgeschäft sehe „eine umfassende Konsolidierung von Standorten in Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien vor“, teilte EADS lediglich mit. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter sprachen Beobachter gestern erst von rund 2400, dann von bis zu 2600 Stellen, die in Deutschland wegfallen sollen.
Betriebsratschef Pretzl rechnet damit, dass erst Anfang nächsten Jahres Klarheit über die Zukunft der Standorte besteht. EADS berichtete gestern nur, dass im ganzen Konzern rund 1300 befristete Verträge nicht verlängert werden sollen. Der endgültige Personalabbau werde sich zwischen 1000 und 1450 Stellen bewegen. Bei den zentralen Konzernfunktionen und im Bereich Services sollen rund 500 Stellen wegfallen.
Konzern plant Veräußerung des Standorts Unterschleißheim
Nur über einen Standort herrscht Klarheit. Und die ist nicht gut. Sicher ist, dass das Werk Unterschleißheim bei München keine Zukunft hat. „Der Konzern plant die Veräußerung des Standorts Unterschleißheim“, hieß es. Dort arbeiten derzeit rund 1200 Mitarbeiter. Die Zentrale der bisherigen EADS-Rüstungs- und Raumfahrtsparte mit dem zukünftigen Namen „Airbus Defence and Space“ soll in Ottobrunn/Taufkirchen angesiedelt werden. Rund 1000 Unterschleißheimer Mitarbeiter würden dorthin umziehen, weitere 200 bis 300 an andere süddeutsche Standorte versetzt. Generell hieß es, für die betroffenen Mitarbeiter sei vorgesehen, bei Airbus und Eurocopter bis zu 1500 Stellen bereitzustellen. Eurocopter ist in Donauwörth vertreten, wo militärische und zivile Hubschrauber gebaut werden.
Der Grund: Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
Ungewiss sind dagegen die Pläne für die 4500 Mitarbeiter in Manching, die am Eurofighter und in der Wartung arbeiten, sowie für die rund 2500 Beschäftigten in Ulm – praktisch der Radarhochburg des Konzerns. Mit 1200 Mitarbeitern in Friedrichshafen im Bereich Systeme und Sensoren und mit weiteren 1200 Leuten in Schrobenhausen im Bereich Lenkflugkörper ist die Rüstungssparte außerdem in zwei weiteren Städten der Region vertreten.
EADS-Chef Tom Enders verteidigte gestern die Einschnitte: „Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit im Verteidigungs- und Raumfahrtgeschäft steigern – und wir müssen jetzt damit beginnen“, sagte er. Im Konzern sieht man die rückläufigen Rüstungsausgaben in Europa als Problem, weniger die Rendite. Die Staaten sparen an der Rüstung. Bestellungen werden gestrichen – und irgendwann sei auch der letzte Eurofighter ausgeliefert, heißt es. Und ein neues Programm sei nicht in Sicht.
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