Gericht erlaubt Fahrverbote auch für neue Diesel
Die Kommission hatte die Grenzwerte für moderne Euro-6-Fahrzeuge gelockert. Europäische Richter wollen das nicht hinnehmen
Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat das Tor geöffnet für Fahrverbote gegen Dieselautos der neuesten Generation. Das Gericht erklärte am Donnerstag eine Verordnung der EU-Kommission für teilweise nichtig. Darin wurden großzügigere Abgasvorschriften für Diesel der neuen Euro-6-Abgasnorm festgesetzt. Die klagenden Städte Paris, Brüssel und Madrid dürfen damit die dort festgelegten Grenzwerte für Stickoxid anfechten und im Zweifel Dieselautos aussperren.
Hintergrund des Streits ist, dass die EU-Kommission bei der Einführung des neuen Abgastests RDE, der die Emissionen auf der Straße statt im Labor misst, die Grenzwerte nachträglich erhöht hatte. Statt den im Euro-6-Regelwerk vorgeschriebenen 80 Milligramm Stickstoffdioxid je Kilometer dürfen die Dieselautos für eine Übergangszeit 168 Milligramm und danach 120 Milligramm ausstoßen. Begründet hatte die Kommission das mit Mess-Ungenauigkeiten. Sie hatte die Entscheidung kurz nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals 2015 gefällt.
Damals war klar geworden, dass Autohersteller die Abgastests im Labor manipulieren, sodass die Autos dort deutlich weniger Abgase ausstoßen als auf der Straße. Genau mit dieser Praxis sollte der RDE-Test eigentlich ein Ende machen. Wenn die Autos mehr von den Stickoxid-Reizgasen ausstoßen dürfen, macht es das für die Städte schwerer, die gesetzlichen Vorgaben zur Luftqualität einzuhalten. Paris, Madrid und Brüssel hatten in den vergangenen Jahren die Regeln für ihre Umweltzonen verschärft. Paris verfolgt sogar den Plan, ab 2024 gar keine Dieselautos mehr in die Stadt zu lassen.
Mit seinem Urteil erklärte das niedrigste EU-Gericht nun, dass die Städte gegen die erhöhten Grenzwerte der EU-Kommission klagen dürfen. Das Gericht stellte fest, dass die Kommission den Euro-6-Grenzwert im RDE-Test nicht hätte aufweichen dürfen. Es begründet das damit, dass der Grenzwert von 80 Milligramm laut Verordnung im praktischen Fahrbetrieb und damit bei den RDE-Prüfungen eingehalten werden müsse. Die Richter geben der Kommission zwölf Monate Zeit, um die Grenzwerte abzusenken. Die Frist beginnt in zwei Monaten – falls die Kommission nicht Berufung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegt.
Der ADAC sieht in dem Urteil keine unmittelbaren Folgen für Besitzer eines Euro-6-Diesels. Mit dem Gerichtsurteil werde zunächst nur das Gesetzgebungsverfahren beanstandet, erklärte ein Sprecher. Bei der Nachbesserung müsse allerdings sichergestellt werden, dass auch eine Anpassung der Grenzwerte nicht zulasten der Halter von Euro-6-Fahrzeugen geschehe. (afp)
Die Diskussion ist geschlossen.