Passen Peugeot und Opel zusammen?
Ein Vergleich der Unternehmen zeigt: Es wird nicht einfach, aus zwei Klein- und Mittelklassewagen-Herstellern ein funktionierendes Unternehmen zu machen.
Der Peugeot-Mutterkonzern PSA hat gute Karten, General Motors die europäische Tochter Opel abzukaufen. Die Gespräche über die Allianz sind weit gediehen. Bei Opel selbst wusste man lange von nichts, selbst Firmenchef Karl-Thomas Neumann wurde offenbar erst spät informiert. Seit einer Woche wirbelt die geplante Übernahme in der Autowelt jede Menge Staub auf. Die französische Zeitung Le Monde schreibt: „PSA will bis zu drei Milliarden Euro zahlen.“ Manche Experten bezweifeln jedoch, ob der Deal wirklich Sinn macht. Wir haben den Faktencheck gemacht:
Absatz/Mitarbeiter
Opel/Vauxhall: Die jüngste Bilanz zeigt: Der Autobauer konnte im vergangenen Jahr die Zahl der verkauften Fahrzeuge steigern. In Europa setzte Opel nach vorläufigen Daten rund 1,16 Millionen Einheiten ab. Das sind vier Prozent mehr als im Vorjahr. Im Jahr 2016 fuhren die Rüsselsheimer zusammen mit der britischen Schwestermarke Vauxhall trotzdem wieder einen Verlust von 239 Millionen Euro ein. Immerhin: Es ist das beste Resultat seit vielen Jahren. Gut 38.000 Menschen sind bei der europäischen GM-Tochter beschäftigt.
PSA: Der vom Staat gestützte französische Autobauer PSA Peugeot Citroën hat im vergangenen Jahr weltweit über 3,15 Millionen Fahrzeuge abgesetzt, ein Plus von 5,8 Prozent. Im vergangenen Jahr verbuchte der Autobauer einen Gewinnzuwachs. Mit 1,73 Milliarden Euro verdoppelte sich der unter dem Strich verbleibende Gewinn nahezu. Der Umsatz schrumpfte um 1,2 Prozent auf 54 Milliarden Euro.
Der Konzern beschäftigte 184.000 Mitarbeiter. Bei PSA mit den Marken „Peugeot“, „Citroën“ und „DS“ gab es einen harten Sanierungskurs mit Werkschließungen und einem Jobabbau. Der Staat schoss Geld zu und hielt zuletzt rund 14 Prozent der PSA-Anteile.
Fazit: Aus zwei nicht wirklich erfolgreichen Konzernen einen starken zu basteln, wird schwierig – insbesondere, wenn man die Opel-Jobs wie angekündigt nicht abbauen will.
Die Märkte
Opel/Vauxhall: Die Hersteller verkaufen insbesondere im mitteleuropäischen Raum und Großbritannien (Vauxhall) gut.
PSA: Der Autobauer ist neben Frankreich besonders in südeuropäischen Ländern ordentlich vertreten. Peugeot und Citroën sind in China aktiv. Doch die verkauften Stückzahlen wirken überschaubar. Seit 1992 bauen Dongfeng und PSA in Wuhan gemeinsam Autos.
Fazit: In Europa würden sich Opel und Peugeot/Citroën gut ergänzen. Die Überschneidungen sind gering. Für die Märkte außerhalb Europas bringt eine Allianz wenig. Opel wurde von GM bewusst auf Europa beschränkt. Auf anderen wichtigen Wachstumsmärkten sind beide Autobauer nicht vertreten. Experten glauben, dass eine Überkreuzbeteiligung von GM und PSA Sinn macht. PSA könnte GM so den Dauerverlustbringer Opel abnehmen, dafür würden die Amerikaner das Tor zum großen US-Markt öffnen.
Die Standorte/Werke
Opel/Vauxhall: Die GM-Tochter kämpft seit Jahren mit Überkapazitäten in den zum Teil mit GM genutzten zehn Werken in Europa (in Deutschland: Rüsselsheim, Eisenach, Kaiserslautern). Opel kommt nur auf 65 Prozent Auslastung der Fabriken, der Branchenschnitt liegt bei 70 Prozent.
PSA: Von Mülhausen bis Buenos Aires wird ebenfalls in insgesamt zehn Werken gefertigt. Allein durch die Schließung des Standorts Aulnay-sous-Bois, nördlich von Paris, sind vor zwei Jahren rund 3600 Jobs weggefallen. Dadurch sanken aber auch die Überkapazitäten.
Fazit: Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer geht davon aus, dass bei einer Übernahme die Opel-Produktion in den PSA-Autobau eingegliedert wird. Die vorhandenen Kapazitäten seien zu groß, sodass trotz gegenteiliger Beteuerung langfristig mit Entlassungen in Opel-Werken wie Rüsselsheim, Eisenach oder Kaiserslautern gerechnet werden muss. Betroffen wären Einkauf, Vertrieb, Marketing sowie Teile des Entwicklungszentrums. Die beiden Vauxhall-Werke in England sind wegen des Brexits eher sicherer. Denn so hätte PSA Fertigungsstätten vor Ort, wodurch auch künftig keine Zölle anfallen.
Modelle
Opel/Vauxhall: Die Marken verfügen vor allem über Klein-, Mittelklassewagen und Nutzfahrzeuge. Dazu kommen Vans und SUV-Modelle (Opel: Karl, Adam, Astra, Combo, Corsa, Insignia, Meriva, Mokka, Movano, Vinaro, Zafira). Die Karl- und Mokka-Modelle fußen auf einer GM-Plattform. Die Astra-Modelle basieren zwar auf einer von Opel entwickelten Plattform, doch darauf setzen GM-Modelle auf. Der neue Insignia teilt sich die Basis mit Modellen wie dem Chevrolet Malibu. Das Elektroauto Ampera-e kommt von GM.
PSA: Sowohl die Marke Peugeot als auch Citroën bieten ähnlich wie Opel die Palette vom Kleinwagen, Mittelklasseautos, SUVs, Vans und Nutzfahrzeugen an. Peugeot-Modelle tragen statt Namen Zahlen. Zudem gibt es bereits diverse Kooperationen mit anderen Herstellern wie zum Beispiel Fiat/Chrysler im Nutzfahrzeugbereich.
Fazit: Viele Opel-Modelle nutzen GM-Technologie. Darum lässt sich die Fertigung nicht so problemlos trennen. Bis alle Baureihen nach einer Übernahme harmonisiert sind, würden Jahre vergehen. Parallel-Strukturen und Neuentwicklungen führen zunächst eher zu Mehrkosten. Bei den Verhandlungen stehen General Motors und PSA also vor einer nicht zu unterschätzenden Herausforderung. Auf der anderen Seite steht: Bereits 2012 wurden drei gemeinsame Plattformen zur Harmonisierung vereinbart. Die ersten Ergebnisse werden bald sichtbar: Im Meriva-Nachfolger Crossland X wird Technik des Peugeot 2008 verwendet, der Grandland X basiert auf dem Peugeot 3008. mit dpa
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