Projekt in Augsburg zeigt, wie Roboter zu Kollegen werden
Ein Projekt von Fujitsu und Kuka zeigt, wie Mensch und Roboter Seite an Seite arbeiten. Dieses Modell soll sogar Arbeitsplätze sichern.
Ganz ruhig und in immer gleichen Schritten legt LBR iiwa in der Montagehalle des Augsburger Computerherstellers Fujitsu ein Mainboard (Hauptplatine eines Computers) in ein Testgerät ein, wartet den Vorgang ab, entnimmt es wieder und legt es auf ein Förderband. LBR iiwa arbeitet dabei gewissenhaft und in immer gleichem Tempo – eigenständig auf seiner kleinen Arbeitsinsel. LBR iiwa gehört auf seine Weise zum Fujitsu-Personal, unterscheidet sich aber deutlich von seinen Kollegen. LBR iiwa ist nämlich kein Mensch, sondern ein Leichtbauroboter von Kuka. Seit Anfang Januar unterstützt er die Produktion des Computerherstellers Fujitsu und ist Hauptdarsteller im Projekt „Mensch-Roboter-Kollaboration“, also der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine der beiden Unternehmen Kuka und Fujitsu.
Weil LBR iiwa „fühlen“ kann, muss er nicht wie bisher für Industrieroboter üblich, der Sicherheit wegen abgetrennt hinter Gittern von den Mitarbeitern arbeiten, sondern wird direkt in die Arbeitsumgebung integriert. „Wenn sich ein Mitarbeiter nähert und beispielsweise durch einen sich drehenden Roboterarm in Gefahr gerät, spürt das der Roboter und schaltet automatisch ab“, erklärt Karlheinz Wintergerst, Leiter des Fujitsu-Innovationsteams.
Der Roboter lässt sich so einfacher in die Arbeitswelt integrieren, direkt neben den Kollegen sozusagen. Er lässt sich auch schnell an einen anderen Einsatzort bringen und hat noch weitere Vorteile: „Weil er Gespür hat, kann er auch komplizierte Aufgaben erledigen“, erklärt Standortleiter Raimund Landsbeck. Liegt die Platine einmal nicht hundert Prozent genau, erkennt das der Roboter und trifft mit seinen Greiffingern trotzdem noch die Lochungen, in die er zum Anheben des Mainboards greifen muss. Er sucht sie sich einfach.
Wie sich Roboter in die Arbeitswelt integrieren
Ein herkömmlicher Industrieroboter kann das nicht, erklärt auch Katrin Stuber-Koeppe, Pressesprecherin von Projektpartner Kuka. Kommt ein anderer Platinentyp muss LBR iiwa auch nicht extra neu programmiert werden, so Stuber-Koeppe weiter. Ein Mitarbeiter führt den Roboterarm einfach an die Stelle, an die er künftig fassen muss, das Gerät merkt sich diese Position und kann sofort weiter arbeiten.
Noch kann der Roboter aber nur bestimmte Arbeitsschritte in der Fujitsu-Halle übernehmen. „Beim Bestücken der Platinen beispielsweise ist der Mensch dem Roboter in seinem Handeln noch weit überlegen“, erklärt Landsbeck. Hier würde sein Einsatz einen „Totalausfall“ verursachen. Die kleinteilige Arbeit beherrsche er noch nicht.
Zum Glück, mögen Kritiker der Digitalisierung denken, dabei ist der Einsatz von LBR iiwa ein Beispiel dafür, wie Digitalisierung nicht nur Arbeitsplätze vernichten, sondern auch erhalten kann, sagen Wintergerst und Landsbeck. Im Fall von Fujitsu hat der Roboter keinen Mitarbeiter ersetzt, sondern ihn von einer monotonen Arbeit entlastet. Der Mitarbeiter kommt nun anderweitig zum Einsatz. Auch das Thema Wettbewerbsfähigkeit spiele beim Einsatz von intelligenten Robotern eine Rolle. „Der Roboter arbeitet zwar langsamer als der Mensch, aber dafür 24 Stunden kontinuierlich. Er wäre, wenn er alle Vorgaben erfüllt, 30 Prozent günstiger als ein Mitarbeiter“, beschreibt Wintergerst. Standortleiter Landsbeck ergänzt: „Asien ist unser stärkster Wettbewerber. Deshalb müssen wir versuchen, durch Prozessoptimierung die Lohnkostendifferenz auszugleichen. Nur wenn wir wirtschaftlich arbeiten, können wir auf Dauer die Arbeitsplätze in Augsburg halten.“ Dabei gelte es, den Menschen bei all den Überlegungen nicht aus dem Auge zu verlieren.
Wohin geht die Mensch-Roboter-Kollaboration?
Was ein wenig wie Science-Fiction klingt, ist jedoch erst der Anfang. „Das ist noch keine Revolution, sondern Evolution“, ist Landsbeck überzeugt. Durch den Einsatz in der Praxis würden stetig neue Daten und Erkenntnisse gewonnen, die wiederum neue Einsatzideen für einen Roboter wie LBR iiwa zur Folge haben. „Beispielsweise könnten wir daran arbeiten, dass der Roboter beim Greifen der Mainboards ungenaue Bohrungen erkennt und dies an die Fertigung rückmeldet“, sagt Wintergerst.
Deshalb werden Kuka und Fujitsu ihr Projekt im Innovationspark weiter fortsetzen und weitere Einsatzmöglichkeiten für die Mensch-Roboter-Kollaboration suchen. „Ein Unternehmen kann nicht alle Kompetenzen haben. Deshalb muss man sich zusammenschließen.“, beschreibt Wintergerst die Motivation hinter dem Projekt. Dabei stünden nicht die Projektkosten im Mittelpunkt, sondern die Ergebnisse. Kuka, Fujitsu und die Arbeit im Innovationspark sei eine tolle Sache, aus der immer neue Ideen entstehen. Schon mit LBR iiwa sei ein Robotereinsatz Realität geworden, den man vor wenigen Jahren noch für undenkbar gehalten hätte. Eine Entwicklung, von der beide Unternehmen profitieren.
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