Rekord-Handelsdefizit: Trumps „America first“ floppt fürs Erste
Donald Trump hat den Abbau des Handelsdefizits der USA versprochen. Stattdessen produzierte er das größte in der Geschichte.
Die Nachricht von dem Rekorddefizit konnte aus Sicht der gerade in der amerikanischen Hauptstadt eingetroffenen Delegation von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström kaum zu einem ungünstigeren Zeitpunkt kommen. Trotz zwei Jahren Protektionismus wuchs das Handelsdefizit der USA um zehn Prozent auf genau 891,3 Milliarden Dollar. Mit dieser Differenzsumme zwischen Importen aus dem Ausland und Exporten stehen die Amerikaner so tief in den roten Zahlen wie seit Beginn der statistischen Erfassung vor 243 Jahren nicht.
Gemessen an seinem eigenen Maßstab, ist das eine Hiobsbotschaft für US-Präsident Donald Trump. Denn nach Lesart des Präsidenten bedeutet ein hohes Defizit den Transfer von Wohlstand aus den USA in fremde Länder. Vergangenen März beschwerte er sich via Twitter noch über ein damals erst rund 800 Milliarden Dollar hohes Defizit. Dies sei das Ergebnis „unserer sehr dummen Handelsabkommen“. Die USA verlören Jobs und Wohlstand „an andere Länder, die uns seit Jahren ausnutzen“.
Trump droht regelmäßig mit Strafzöllen
Dazu gehören in Trumps Weltsicht neben China und den Nafta-Staaten auch die Europäische Union, aus denen die USA mehr als die Hälfte aller Waren importiert. Zusammen macht die Außenhandelsbilanz dieser Staaten 86 Prozent des amerikanischen Defizits aus. In der Logik Trumps dienen Strafzölle als Drohkeule und Instrument zum Abbau des Defizits zugleich. Deshalb verhängte er sie auf Stahl- und Aluminium-Produkte und drohte den Nafta-Staaten Mexiko und Kanada sowie China mit der vollen Bandbreite an Zöllen. Die EU versucht er mit Einfuhrsteuern auf Automobile auf Kurs zu bringen.
Aus Sicht der allermeisten Ökonomen liegt Trump mit seiner Analyse des Handels ziemlich weit daneben. „Die Tatsache, dass es der US-Wirtschaft sehr gut geht, ist der Hauptgrund, warum das Handelsdefizit gewachsen ist“, meint etwa der Harvard-Ökonom und ehemalige Chef-Volkswirt des Internationalen Währungsfonds, Kenneth Rogoff. US-Konsumenten und Unternehmen hätten dadurch mehr Geld zur Verfügung, Güter und Produkte nachzufragen.
Darüber hinaus spielen andere Faktoren eine Rolle, wie etwa der überteuerte Dollar. Heute bewegt sich der Außenwert der US-Währung um 19 Prozent über dem Preis im Zehnjahresdurchschnitt des Währungskorbs der wichtigsten Handelspartner der USA. Der hohe Dollar macht Einkäufe im Ausland billiger und amerikanische Produkte und Dienstleistungen teurer.
Mit einer Kursänderung Trumps rechnen nur wenige
Aus Sorge vor einer Überhitzung der Wirtschaft steuerte die amerikanische Bundesbank FED gegen und erhöhte 2018 vier Mal die Leitzinsen. Andere Zentralbanken, allen voran die Europäische Zentralbank, lassen sich mehr Zeit. Zölle spielen angesichts dieser makroökonomischen Einflüsse aus Sicht der meisten Volkswirte beim Defizit keine Rolle. Interessanterweise versucht auch Trumps Wirtschaftsberater, Kevin Hassett, das Rekorddefizit so zu erklären. Er argumentiert, der Wert der neu verhandelten Abkommen werde sich erst auf lange Sicht zeigen.
Mit einer Kursänderung Trumps rechnen deshalb nur wenige. Bei den Gesprächen mit Malmström beharrt Handelsbeauftragter Robert Lighthizer darauf, jede Vereinbarung mit der EU müsse den Landwirtschaftssektor miteinschließen. Die Amerikaner sehen darin ihre beste Chance, Defizite im Handel mit Europa abzubauen. Für Malmström und ihr Team kommt das nicht in Frage. Unter Bezug auf die von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erzielte Grundsatzeinigung mit Trump im Juli beharrt sie auf dem vereinbarten Rahmen. „Es geht um industrielle Güter – und dabei bleibt es.“
Damit stehen die Aussichten für einen Durchbruch denkbar schlecht. Bereits im Mai könnte Trump die angedrohten Autozölle verhängen. „Wenn einseitige Zölle verhängt werden“, warnte der scheidende EU-Botschafter in Washington, David O’Sullivan, die Amerikaner vor einem solchen Schritt, „werden die Gespräche beendet.“
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