Reuter-Abgang: Sigmar Gabriel sieht seine China-Befürchtungen bestätigt
Exklusiv Das Aus von Kuka-Chef Till Reuter weckt alte China-Ängste bei der Politik. Ex-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel warnt vor dem Einfluss chinesischer Investoren.
Der überraschende Führungswechsel beim Augsburger Roboterbauer Kuka hat die Debatte um den Einfluss chinesischer Investoren neu entfacht. Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht sich mit der Ablösung von Vorstandschef Till Reuter in seinen damaligen Bedenken als Wirtschaftsminister bestätigt. Er nannte Deutschland gegenüber unserer Redaktion „die offenste Volkswirtschaft der Welt“. Wenn das so bleiben solle, müssten aber auch andere offener werden, fügte der SPD-Politiker mit Blick auf China hinzu.
Kuka-Vorstandschef Till Reuter wird das Unternehmen Anfang Dezember verlassen, obwohl er noch bis 2022 unter Vertrag stand. Nach Recherchen unserer Redaktion hat es Unstimmigkeiten mit den chinesischen Besitzern gegeben, die mehr Einfluss auf das Tagesgeschäft wollen.
Kuka-Chef Till Reuter: "Ich gehe nicht gern"
In der Belegschaft löste die Personalie Verunsicherung aus. Reuter, der Kuka aus einer schweren Krise geführt hat, genießt starken Rückhalt bei den Mitarbeitern. „Ich gehe nicht gern. Ich bin traurig, es geht aber weiter“, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Manager macht keinen Hehl daraus, wie hart dieser Abschied für ihn ist. In Anspielung auf die Farbe des Firmenlogos fügte er hinzu: „Einmal orange, immer orange.“ Teilnehmer einer internen Versammlung am Montagnachmittag berichteten von einem emotionalen Auftritt Reuters. Am Dienstagabend will er sich bei einem Eishockey-Spiel der Augsburger Panther von den Beschäftigten verabschieden, für die er spontan 1550 Tickets besorgt hat.
Knapp zehn Jahre lang war es unter Reuters Führung bergauf gegangen. 2018 erwartet der Roboterbauer allerdings einen Umsatzrückgang. Ob das genügte, um den Vorstandschef infrage zu stellen? Der Mutterkonzern Midea ließ entsprechende Anfragen unbeantwortet. Und was bedeutet Reuters Abgang für die Zusage, dass der Standort Augsburg und die dortigen Jobs bis 2023 unangetastet bleiben? Daran wollen sich die Chinesen halten. Augsburgs Wirtschaftsreferentin Eva Weber bestätigte auf Nachfrage, Midea habe die entsprechenden Vereinbarungen „ganz aktuell nochmals bestätigt“. Dass der bisherige Finanzvorstand Peter Mohnen zumindest vorläufig Reuters Posten übernehmen wird, hält Weber für ein gutes Zeichen.
Die Kuka-Aktie liegt aktuell bei etwa 67 Euro
In China waren Kuka und Midea am Montag kein Thema. Schon länger kritisieren Analysten allerdings, dass die Chinesen das deutsche Unternehmen zu teuer gekauft haben. Midea hatte 115 Euro pro Aktie gezahlt, inzwischen ist der Kurs auf rund 67 Euro gefallen. Damit ist der Börsenwert weit entfernt von den gut 4,5 Milliarden Euro, die investiert wurden.
Der Krimi beschäftigt auch die Politik. Schließlich setzt er die Frage, wie gefährlich es wirklich ist, ausländischen Investoren die Kontrolle über Technologie „Made in Germany“ zu überlassen, wieder nach oben auf der Tagesordnung. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte die Personalie Reuter nicht kommentieren. Und auch der neue bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger blieb stumm. Sigmar Gabriel, zur Zeit der Kuka-Übernahme Wirtschaftsminister, fand dafür deutliche Worte: „Mit Till Reuter geht nicht irgendjemand, sondern die Person, die für viele als Garant für Standortsicherheit und eine angemessene unternehmerische Unabhängigkeit stand.“
Gabriel sagte, dass die Kuka-Übernahme vor zwei Jahren nicht folgenlos geblieben sei: „ Als Konsequenz haben wir begonnen, unsere außenwirtschaftlichen Instrumente zu schärfen.“ Er betonte, er habe „die Übernahme durch chinesische Investoren kritisch gesehen“. Der Ex-Minister hatte sich vor zweieinhalb Jahren aktiv dafür eingesetzt, einen europäischen Investor für Kuka zu finden - als Alternative zur Übernahme durch Midea. „Aber verhindern konnten wir sie gegen den Willen der alten Eigentümer letztlich nicht.“
Auch Grammer wurde von Chinesen übernommen
Gabriel kritisierte vor allem, dass für deutsche Unternehmen in China nicht dieselben Bedingungen gelten wie andersherum. „Gleiche Spielregeln für alle muss das Ziel sein“, sagte er. „Davon aber sind wir noch weit entfernt.“
Reuter ist ja nicht der erste Firmenlenker, der an neuen Eigentümern aus Fernost scheitert. Erst im September kündigte die gesamte Führungsriege des Oberpfälzer Autozulieferers Grammer ihren Rückzug an. Hintergrund: der Einstieg eines chinesischen Konzerns. Wie bei Grammer waren die Investoren auch bei Kuka durchaus positiv aufgenommen worden. Und selbst am Montag bekannte sich Reuter hinter verschlossenen Türen zu den chinesischen Besitzern.
Erst Weltbild, dann Ledvance, nun der Abtritt von Kuka-Chef Reuter – in Schwaben wanken immer mehr Traditionsunternehmen. Wie es der Region wirtschaftlich wirklich geht, lesen Sie in unserem großen Schwaben-Check.
Lesen Sie auch die Analyse von Stefan Stahl zum Reuter-Abgang: Die Chinesen begehen den nächsten großen Fehler.
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Die Diskussion ist geschlossen.
Bei der Übernahme von technologieintensiven Unternehmen durch chinesische Investoren hat es seit langem Befürchtungen gegeben. Diese sind seit der Ablösung von Reuter nicht kleiner geworden.
Europa und Deutschland haben bereits auf drängender werdende Fragen im Zusammenhang mit chinesischen Unternehmensbeteiligungen reagiert. Ob die bisherigen Schritte ausreichen, wird man noch sehen müssen.
Das wundert mich nicht, dass ist bei anderen Firmen im nahen Umland auch nicht anders