Smart-City: Wie Autofahrer bald auf der grünen Welle reiten
Wenig nervt im Alltag mehr als rote Ampeln. Damit die Signalanlagen künftig häufiger grün zeigen, wenn man vorbeifährt, kommunizieren Autos nun mit ihnen.
Die elektrische Verkehrsampel gibt es schon über 105 Jahre. In Cleveland stand das erste dieser nervigen Dinger. Zeigte nur rot und grün. Und rot hieß auch damals schon: Stopp. Seit über 105 Jahren warten Menschen nun an Ampeln und hoffen, dass endlich grün wird. Forscher haben herausgefunden, dass wir das in unserem Leben in etwa zwei Wochen tun. Zeit, dass sich daran etwas ändert.
Damit die Warterei künftig weniger wird, gibt es ein Projekt in Ingolstadt, das Audi und die Stadt gestartet haben. Einfach gesagt, vernetzen sich dabei Autos mit Ampeln. Ziel: die grüne Welle zu erwischen. Das Ganze nennt sich „Vehicle-to-Infrastructure-Service (V2I) oder: „Ampelinformation“. Was steckt dahinter?
Schon vorzeitig wissen, ob man die grüne Ampel noch schafft
Andre Hainzlmaier ist bei Audi Leiter Entwicklung Smart City. Er erklärt, wie es geht: Wer in der Stadt fährt, bekommt etwa 250 Meter vor der jeweils nächsten Ampel auf einem Bildschirm angezeigt, bei welcher Geschwindigkeit er die nächste grüne Ampel – im Rahmen des Erlaubten versteht sich – erreicht. Am Steuer weiß man also schon ein gutes Stück vor der Ampel, ob man grün noch erwischt. Das hastige Durchtreten des Gaspedals 50 Meter vor der Kreuzung, um kurz hinter dem fetten Laster noch darüber zu rutschen, kann man sich dann sparen. Zugleich bekommt man auch kommuniziert, wenn es keine Chance gibt, die nächste Ampel noch zu schaffen. Sprich: Fuß vom Gas, hat ohnehin keinen Sinn. Die Folge laut Hainzlmaier: „Man fährt entspannter und effizienter, weil man in den Flow der grünen Welle kommt.“ Und steht man dann doch an der Ampel, sagt einem die sogenannte „Time to Green“-Funktion, wann es wieder weitergeht. Ein Countdown zählt die Zeit bis „grün“ runter.
Audi verbaut die neue Technik für grüne Ampeln in Serie
Audi verbaut seit Juli die Technik für diese Funktion bei vielen Modellen in Serie. In Ingolstadt gibt es 160 Kreuzungen im Stadtgebiet. Über 60 Prozent davon sind bereits so aufgerüstet, dass die Audis mit den Ampeln kommunizieren können. Damit das System funktioniert, bekommt das Unternehmen Zugriff auf die Verkehrsrohdaten der Stadt. Also: Wo ist ein Auto gerade über eine Induktionsschleife gefahren. Wo hat ein Fußgänger gerade an der Ampel aufs Knöpfchen gedrückt. Wie viele Busse sind gerade unterwegs. Aus diesem und weiteren Informationen berechnet der Projekt-Partner von Audi, Traffic Technology Services (TTS), dann die Prognose, die den Kunden ins Cockpit gesendet wird. Die Stadt profitiert umgekehrt, weil sie von der Audi-Flotte mehr Daten in ihr Verkehrsmanagement-System gespeist bekommt. Der Fahrer selbst bleibe dabei anonym, betont Hainzlmaier: „Wir wissen nie, wer wo hinfährt. Wir erhalten nur eine GPS-Position des jeweiligen Fahrzeugs, um die Funktion anbieten zu können. Wir wollen und können keine Fahrt nachvollziehen.“ Und wer die Grüne-Welle-Funktion nicht mag, könne sie einfach deaktivieren.
Kann man so beim Autofahren auch Sprit sparen?
Nachhaltiger soll das so gesteuerte Fahren auch werden. Hainzlmaier sagt: „Wie viel Sprit man spart, hängt von den Gegebenheiten in den einzelnen Städten ab.“ Bei einer Testflotte seien es 15 Prozent gewesen. „Wie es jetzt im Realbetrieb ist, muss sich noch zeigen.“
Während der Service in US-Städten bereits an 7700 Kreuzungen zur Verfügung steht, ist Ingolstadt die erste Stadt in Europa, in der Audi das Angebot macht. In verschiedenen Städten des Kontinents soll es ab 2020 ausgebaut werden.
Die Zukunft ist das autonome Fahren. Je mehr Ampeln künftig kommunizieren, desto besser ist es dafür. Autofahrer werden immer mehr zu Passagieren. Rote Ampeln nehmen sie kaum noch wahr, weil sie sich mit anderen Dingen beschäftigen. (kuepp)
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