Sparkassenchef zu Hilfe für kranke Banken: "Das schadet den Sparern hier"
Exklusiv Warum Bayerns Sparkassenpräsident Ulrich Netzer eine gemeinsame europäische Einlagensicherung für Bankguthaben vehement ablehnt.
Herr Netzer, Sie sind Präsident des Sparkassenverbandes in Bayern. Warum wehren sich Sparkassen und Genossenschaftsbanken so vehement gegen eine gemeinsame europäische Einlagensicherung für Bankguthaben, die allen Kunden zugute kommen soll?
Ulrich Netzer: Wir wehren uns nicht gegen eine Einlagensicherung, sondern gegen einen gemeinsamen europäischen Topf. Bisher hat jedes Land eine Einlagensicherung, in dem in diesem Land in diesen Topf eingezahlt wird. Und damit werden unsere Sparer geschützt, wenn ein Geldinstitut in Schieflage gerät. Wenn nun nationale Töpfe in einen gemeinsamen europäischen Topf zusammengefasst werden, dann haften wir hier für Risiken, die uns nichts angehen. Und das schadet im Endeffekt den Sparern hier.
Jetzt haben aber Klaus Regling, der Chef des Europäischen Rettungsschirms, und Ursula von der Leyen, die neue Präsidentin der EU-Kommission, ein zweistufiges System im Kopf. Erst wenn die nationalen Sicherungssysteme versagen, soll die gemeinsame europäische Einlagensicherung greifen.
Netzer: Dieses zweistufige Modell soll aber nur für den Übergang gelten. Am Ende ist nach dem jetzt aktuellen Entwurf ab dem Jahr 2028 die Zentralisierung der Einlagensicherungssysteme vorgesehen. Außerdem ist auch bei der Zweistufigkeit die Wirkung schon problematisch. Die nationalen Töpfe sind unterschiedlich gut ausgestattet. Gerade auch in Ländern, in denen die Risiken sehr hoch sind, sehen wir nicht ausreichend gefüllte Töpfe.
Es gibt in Italien, das als Land mit hohen Risiken gilt, einen aktuellen Fall. Erneut musste dort ein Geldinstitut, die Banca Populare de Bari, vom italienischen Staat mit 900 Millionen Euro gerettet werden. In so einem Fall wäre doch der Sparkassenkunde in Deutschland nicht betroffen?
Netzer: Ob es richtig ist, dass der Staat hier eingreift, kann man diskutieren. Gäbe es aber bereits einen europäischen Topf, dann würden wir alle in Mithaftung genommen. Und dann muss man sich vorstellen, wofür: Für eine Bank, die – nach allem, was man liest – nicht gut gewirtschaftet hat und eine Art Selbstbedienungsladen war. Dort wurden, wie Wirtschaftszeitungen berichten, Kredite vergeben, die nicht zu verantworten waren.
Lassen sich denn für solche Fälle keine Regelungen oder Vorkehrungen treffen, die so etwas verhindern?
Netzer: Wir haben klare europäische Regelungen der Bankenaufsicht, aber das muss erst einmal einheitlich umgesetzt werden – mit gleichen Standards für alle.
Es wird also, wenn ich Sie richtige verstehe, beim entschiedenen Widerstand der Sparkassen bleiben?
Netzer: Mit Sicherheit, weil ein zentralisiertes System die Finanzmarktstabilität bei uns gefährdet und zugleich andernorts Anreize setzt, höhere Risiken einzugehen, schlampig zu arbeiten oder sogar Selbstbedienungsläden einzurichten.
Ulrich Netzer ist seit dem Jahr 2014 Präsident des Sparkassenverbands Bayern. Davor war er Oberbürgermeister der Stadt Kempten.
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