TUI-Chefaufseher Krumnow geht
Hannover (dpa) - Überraschung bei der Aufsichtsratssitzung des größten europäischen Reisekonzerns TUI: Chefaufseher Jürgen Krumnow gibt sein Amt auf.
Er sehe "nun den geeigneten Zeitpunkt gekommen, den von mir - aus persönlichen Gründen - schon länger erwogenen Schritt umzusetzen, den Vorsitz des Aufsichtsrats bei der TUI AG abzugeben und Ende Dezember aus dem Aufsichtsrat auszuscheiden", teilte Krumnow nach einer Mitteilung des Unternehmens vom Mittwoch in Hannover mit.
Der Rücktritt gilt mit sofortiger Wirkung. Zum Nachfolger des 65-Jährigen wurde Ex-RWE-Chef Dietmar Kuhnt (71) gewählt, der dem Aufsichtsrat seit 1996 angehört.
Der aus dem schlesischen Grünberg stammende Manager Krumnow war 1997 zum TUI-Aufsichtsrat berufen und vor fast genau fünf Jahren an die Spitze des Gremiums gewählt worden. Zuletzt stand er im Zentrum der Kritik des streitbaren TUI-Großaktionär John Fredriksen. Der Norweger scheiterte jedoch zweimal mit seinem Antrag auf Abwahl des Chefaufsehers. Er wollte selbst gemeinsam mit seinem Vertrauten Olav Troim in den Aufsichtsrat einziehen. Troim hatte die Unternehmensführung scharf kritisiert. Er schätzte die wirtschaftliche Situation des TUI-Konzerns als bedrohlich ein.
Im Umfeld des Unternehmens hieß es am Mittwoch jedoch, dass der Rücktritt Krumnows mit dieser Vorgeschichte nichts zu tun habe. Krumnow selbst sagte, nach den Entscheidungen für eine stabile Finanzstruktur der TUI, wozu auch eine zukunftsfähige Lösung für die Reedereibeteiligung Hapag-Lloyd gehöre, befinde sich das Unternehmen auf einem guten Weg.
Der von ihm vorgeschlagene Kuhnt kenne die TUI seit Jahren und werde für "zielgerichtete Fortentwicklung" sorgen. Krumnow, einst Finanz-Chef der Deutschen Bank, war öffentlich bei den Debatten um die TUI kaum in Erscheinung getreten. Kritiker warfen ihm vor, er habe TUI-Vorstandschef Michael Frenzel zu nahe gestanden und dessen Vorschläge nur abgenickt.
TUI ächzte auch in diesem Jahr unter seiner verbliebenen Beteiligung an der Reederei Hapag-Lloyd. Außerdem kämpft der Konzern mit einem wegen der Wirtschaftskrise schleppenden Reisegeschäft. Für das Geschäftsjahr 2009 rechnet TUI wegen des hohen Erlöses aus dem Hapag-Lloyd-Verkauf aber weiter mit einem positiven Ergebnis. Der Gewinn im Kerngeschäft Touristik werde allerdings leicht unter dem Vorjahresniveau liegen, teilte der weltgrößte Anbieter von Pauschalreisen mit.
Aus der Hapag-Lloyd-Beteiligung seien negative Ergebnisbeiträge zu erwarten, hieß es. "Der Vorstand rechnet allerdings damit, dass das Ergebnis der Hapag-Lloyd besser ausfallen wird als zunächst erwartet". Grund sei neben Stabilisierung der Frachtraten das rund 1,1 Milliarden US-Dollar schwere Sparprogramm bei der Reederei. Seine Bilanz will der TUI-Konzern im Dezember vorlegen.
TUI hatte sich Ende März von der Mehrheit an Hapag-Lloyd getrennt und dabei einen Sondererlös von rund einer Milliarde Euro verbucht. Der Reisekonzern musste jedoch 43 Prozent Anteile behalten und ist damit weiterhin größter Einzelaktionär der Reederei. Hapag-Lloyd war wegen der Wirtschaftskrise in schweres Fahrwasser geraten. Neben Gewährung einer Staatsbürgschaft über 1,2 Milliarden Euro sprangen die Anteilseigner der Reederei mehrfach mit Finanzspritzen beiseite.
Um sich finanziellen Spielraum zu verschaffen, will TUI nun eine Wandelanleihe ausgeben, die 250 Millionen Euro einbringen und über fünf Jahre laufen soll. Damit will der Konzern die Tilgung seiner Schulden über einen längeren Zeitraum strecken.
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