Trump stürzt USA per Tweet in eine Wirtschaftskrise
Eigentlich wollte am Mittwoch eine chinesische Delegation mit den USA über Strafzölle verhandeln. Doch nun sabotiert der US-Präsident die anstehenden Gespräche.
Rick Helfenbein stellt eine Rechnung auf. Eine amerikanische Familie müsse sich darauf einstellen, im Jahr rund 500 Dollar mehr für Kleidung und Schuhe auszugeben, falls der Präsident seine Drohungen gegen China wahrmache. Er kündigte an, trotz anstehender Handelsgesprächen schon ab Freitag neue Strafzölle zu erheben.
Helfenbein muss es wissen. Denn er vertritt als Vorsitzender den Branchenverband der Textil- und Schuhhersteller, die für Importe aus China einen Zollaufschlag von 25 Prozent wegstecken müssten. Einen Teil werden die Produzenten notgedrungen an die US-Kundschaft weitergeben. Die zahlen schon jetzt 1,5 Milliarden Dollar mehr für Waschmaschinen und Trockner, die bereits mit Strafzöllen belegt sind.
Die Drohung Trumps kam aus heiterem Himmel. Noch am Freitag hatte er den Fortgang der Handelsgespräche mit China gelobt und einen „sagenhaften Abschluss“ in Aussicht gestellt. Dieser, so die Erwartung, könnte bei dem Besuch einer hochkarätigen Delegation aus hundert chinesischen Unterhändlern diese Woche Mittwoch in Washington in trockene Tücher gebracht werden.
Chinesische Märkte brechen nach Trumps Tweet ein
Warum der Präsident am Sonntag eine Kehrtwende vollzog, und sich über das Verhandlungstempo beklagte, blieb unklar. Peking wolle nachverhandeln, behauptet Trump und fügt seinem Gezwitscher ein „No!“ hinzu. Gleichzeitig drohte er damit, neben den bisher schon geltenden Zöllen zusätzliche Abgaben auf Wareneinfuhren aus China im Wert von 200 Milliarden Dollar zu erheben. Bei bestimmten Produkten, auf die bisher ein Einfuhrzoll von zehn Prozent gilt, sollen schon ab 25 Prozent fällig werden.
Die Chinesen reagierten verschnupft. Es sei keineswegs sicher, dass Vizepremier Liu He, der Chefunterhändler Pekings, mit der Delegation aufbrechen werde, hieß es in den staatsnahen Medien. China werde nicht „mit der Pistole am Kopf verhandeln“. Später teilte eine Regierungssprecher in Peking mit, „das Team bereitet seine Reise in die Vereinigten Staaten vor“.
Analysten werten das als Versuch Pekings, die Märkte zu beruhigen. Diese waren nach dem Tweet des US-Präsidenten massiv eingebrochen. Zwischenzeitlich hatten die chinesischen Aktienindizes mehr als sechs Prozent eingebüßt. Der Yuan fiel bei Eröffnung auf 6,7980 US-Dollar. Das entspricht dem niedrigsten Stand seit drei Monaten.
Die amerikanischen Verbraucher tragen den Hauptschaden davon
Gemessen an den Verlusten an den Börsen rund um die Welt geht die Verunsicherung weit über China hinaus. Vor allem betrifft sie amerikanische Verbraucher, die im Gegensatz zu den Behauptungen Trumps, den Hauptschaden der Mehrkosten der Strafzölle davontrügen. Davor hatte vor einem Jahr kein geringer als der Wirtschaftsberater des Präsidenten selbst gewarnt. „Zollerhöhungen sind in Wahrheit Steuererhöhungen“, schrieb Larry Kudlow.
Hinweise das er recht haben könnte, gibt es einige. Zum Beispiel von der Universität Chicago und der US-Notenbank FED, die untersuchten, welche Konsequenzen die Zölle auf Waschmaschinen hatten. Demnach schufen die US-Hersteller zwar 1800 Jobs in Ohio, South Carolina und Tennessee, zogen dafür aber die Preise um zwölf Prozent an. Am Ende kostete jeder einzelne Arbeitsplatz 820.000 Dollar. Volkswirtschaftlich ein Minusgeschäft.
Über den genauen Stand der Verhandlungen gibt es derzeit nicht mehr als Spekulationen. Bekannte Knackpunkte bleiben der erzwungene Technologie-Transfer von Unternehmen, die in China tätig sind, Produktpiraterie, ein besserer Marktzugang für amerikanische Agrarprodukte in China sowie mehr Importe aus den USA.
Beobachter wie Chad Bown vom Peterson Institute for International Economics weisen darauf hin, dass Trumps Twitter-Botschaften einem bekannten Verhandlungsmuster folgten. „Wenn sie am Ende der Woche dann eine Einigung verkünden, sieht es so aus, als seien sie zu einem Ergebnis gekommen, weil Trump Härte gezeigt habe.“
Andere Experten, wie Scott Kennedy vom Center for Strategic and International Studies, meinen, der Schuss könnte nach hinten losgehen, „indem sich Peking auf die Hinterbeine stellt und den Präsidenten zwingt, Farbe zu bekennen.“
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