Athen will Schulden früher zurückzahlen: Was dahinter steckt
Das Land ist von der Corona-Krise hart getroffen und so hoch verschuldet wie kein anderes im Euroraum. Um kreditwürdig zu bleiben, greift der Finanzminister zu einem Trick.
Die Corona-Rezession hat Griechenland beim Abbau seiner Staatsschulden weit zurückgeworfen. Jetzt will Athen mit der vorgezogenen Tilgung von Hilfskrediten die Schuldenquote drücken. Finanzminister Christos Staikouras erhofft sich davon auch ein besseres Kreditrating seines Landes. Griechenland verhandelt deshalb mit seinen Gläubigern über die vorzeitige Rückzahlung.
Griechische Schulden stammen noch aus der Euro-Krise
Nach inoffiziellen Informationen aus Finanzkreisen geht es um die Tilgung von Darlehen, die Athen im Rahmen des im Mai 2010 aufgelegten ersten Hilfsprogramms bekam, der sogenannten Greek Loan Facility (GLF). Sie umfasste bilaterale Kredite der Euro-Staaten und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 110 Milliarden Euro. Regulär läuft die Tilgung dieser Kredite bis 2041. Athen möchte jetzt zwei Kreditraten von jeweils 2,64 Milliarden Euro, die planmäßig in den Jahren 2022 und 2023 fällig werden, vorzeitig tilgen, und zwar möglichst noch in diesem Jahr.
Die Verhandlungen sind allerdings kompliziert, weil alle offiziellen Gläubiger Griechenlands – das sind die Euro-Regierungen, der Euro-Stabilitätsfonds ESM, dessen Vorgänger EFSF und der IWF – einer vorzeitigen Tilgung zustimmen müssen. 75 Prozent der griechischen Staatsschulden liegen bei diesen öffentlichen Gläubigern.
Schuldenquote bei über 200 Prozent des BIP
Finanzminister Christos Staikouras hat es eilig mit der Rückzahlung. Denn die Pandemie hat Griechenland tiefer als bisher bekannt in die Rezession getrieben. Das zeigen neueste Zahlen, die das staatliche Statistikamt Elstat am Donnerstag veröffentlichte. Danach schrumpfte die griechische Wirtschaft 2020 nicht, wie bisher angenommen, um 8,2 Prozent, sondern um neun Prozent. Um strauchelnde Unternehmen zu stützen und gefährdete Arbeitsplätze zu retten, pumpte die Regierung während der Pandemie Staatshilfen von über 40 Milliarden Euro in die Wirtschaft. Die Haushaltsausgaben Griechenlands erreichten im vergangenen Jahr 60,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nur Frankreich verzeichnete mit 61,8 Prozent eine noch höhere Ausgabenquote. Der Durchschnitt der Euro-Zone lag bei 53,6 Prozent. Griechenlands Haushaltsdefizit explodierte 2020 auf 10,1 Prozent des BIP. Nach Berechnungen von Elstat erreichten die Staatsschulden Griechenlands im vergangenen Jahr 341,1 Milliarden Euro.
Durch das hohe Haushaltsdefizit und die schwächere Konjunktur stieg die in Abhängigkeit zur Wirtschaftsleistung berechnete Schuldenquote. Sie erreichte 2020 nach Angaben von Elstat mit 206,3 Prozent vom BIP einen neuen Rekord. Für 2021 setzte Finanzminister Staikouras bisher einen Rückgang der Schuldenquote auf 197,7 Prozent an. Angesichts der jetzt revidierten Zahlen für 2020 ist dieses Ziel aber fraglich geworden. Mit der vorzeitigen Tilgung von Hilfskrediten will der Finanzminister sicherstellen, dass die Quote tatsächlich unter die 200-Prozent-Marke fällt.
Hoffnung, dass Griechenland in die Liga investitionswürdiger Schuldner aufsteigt
Das Geld für die Ablösung der Kredite soll aus der Liquiditätsreserve kommen. Griechenland verfügt über Rücklagen von aktuell rund 38 Milliarden Euro. Das Polster wurde 2018 beim Auslaufen der Rettungsprogramme aus nicht benötigten Hilfskrediten gebildet und seither durch mehrere Bond-Emissionen aufgestockt. Fortschritte beim Schuldenabbau gelten als Voraussetzung für ein besseres Kreditrating. Bisher bewerten die Ratingagenturen Griechenland ein bis drei Stufen unterhalb des Investment Grade.
Die Regierung hofft, dass Griechenland 2022 oder 2023 in die Liga der investitionswürdigen Schuldner aufsteigt. Das würde die Refinanzierung am Finanzmarkt erleichtern.
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