Warum Jugendliche lieber ins Büro als in die Küche wollen
Schulabgänger sind zu gut ausgebildet – viele traditionelle Berufe will deshalb keiner mehr erlernen. Doch das muss nicht so bleiben.
Die deutsche Wirtschaft hat ein Bildungsproblem. Denn betrachtet man die Gesamtzahl der Schüler, liegt das Bildungsniveau heute viel höher als vor 40 Jahren. So sinkt die Zahl der Hauptschüler seit Jahren. Die Zahl der Gymnasiasten steigt dagegen. Dieses Phänomen stellt Betriebe vor ein Problem: Sie finden kaum Lehrlinge.
Nun ist es nicht so, dass Abiturienten oder Schüler mit Fachhochschulreife sich dagegen sperren, eine Ausbildung zu beginnen. Im Gegenteil. Die Zahl der Lehrlinge, die eine Hochschulreife besitzen, steigt. Aber: Wer Abi hat, will meist nicht Koch, Verkäufer oder Bäcker werden. Diese Berufe sind für Hauptschüler ausgelegt. Viele Abiturienten interessieren sich eher für Berufe aus dem IT-Sektor oder streben eine kaufmännische Ausbildung an.
Und so geht auf die Schere auf dem Ausbildungsmarkt auseinander. Auf der einen Seite – bei den Bürojobs – finden Bewerber keinen Ausbildungsplatz, weil die Nachfrage zu hoch ist. Auf der anderen Seite finden Betriebe keinen Bewerber, weil es kaum Nachfrage nach ihren Berufen gibt.
Ausbildungsstart 2018: Immer mehr Betriebe bilden selbst aus
Das Szenario wird durch den demografischen Wandel und die gute konjunkturelle Lage noch verschärft: Denn zum einen sinkt die Zahl der jungen Menschen in Deutschland – und damit die Anzahl derer, die überhaupt eine Ausbildung machen können. Zum anderen entscheiden sich immer mehr Betriebe, selbst auszubilden, um ihren Fachkräftebedarf zu sichern. An sich eine begrüßenswerte Entwicklung. Nur das Grundproblem, nämlich, dass viele Ausbildungsstellen bei Betrieben unbesetzt sind, bleibt bestehen – und damit die Frage: Wie lässt sich das ändern? Einfach ist das nicht, weil an mehreren Schrauben gedreht werden muss. Aber unlösbar ist die Aufgabe ebenfalls nicht.
Das Deutsche Handwerk hat zum Beispiel vor Jahren angefangen, mit einer Imagekampagne und durch verstärkte Berufsorientierungsmaßnahmen an Schulen für sich zu werben. Ein Schritt in die richtige Richtung. Denn Studien zeigen: Jugendliche bewerten einen Beruf dann als attraktiv, wenn sie viel über ihn wissen. Was viele aber unterschätzen: Auch vermeintlich traditionelle Berufe wie Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker haben sich durch den technischen Fortschritt und die Digitalisierung gewandelt. Aber das muss den Jugendlichen jemand erklären.
Doktortitel schlägt Meisterbrief auf dem Stellenmarkt
Zwar haben diese Werbeoffensiven das Problem der Handwerksbetriebe nicht gelöst: Deutschlandweit ist immer noch jede dritte Ausbildungsstelle unbesetzt. Aber, hätte es den Feldzug nicht gegeben, stünde das Handwerk noch schlechter da.
Alleine die Jugendlichen zu informieren, reicht nicht. Auch die Eltern spielen eine wichtige Rolle bei der Berufswahl. Noch immer ist es so, dass jemand mit Doktortitel höher angesehen ist als jemand mit Meisterbrief. Geistige Bildung gilt in der Gesellschaft sehr viel, handwerkliches Geschick höchstens als praktisch. Wer also möchte, dass Ausbildungsberufe attraktiver werden, muss auch diese Sichtweise verändern. Und einige Branchen müssen bei sich selbst anfangen. Denn viele der Berufe, die keiner mehr ergreifen will, haben sich das selbst zuzuschreiben. Weil die Arbeitsbedingungen unattraktiv sind und das Gehalt miserabel.
Während die Wirtschaft sich also überlegen muss, wie sie ihr Nachwuchsproblem löst, kann sich der Nachwuchs freuen. Denn für junge Menschen ist die Ausgangslage bei der Berufswahl hervorragend. Sie können ihre Talente frei entfalten, sich den Beruf herauspicken, der ihnen am meisten liegt. Sich nach einer Lehre immer noch zum Studieren entschließen. Sie müssen all diese Chancen nur noch nutzen.
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Darf ich das mit dem " zu gut ausgebidet" so mißverstehen das die Jugendlichen mit den Ausbildungsstellen unterfordert wären?
Als Handwerker mit ein paar Jährchen im Beruf würde ich eher sagen das es sehr unwahrscheinlich ist das die angebotenen Ausbildungen "zu einfach" sind. NICHT Prestigeträchtig genug, ja da stimmt der Kommentar.
Ändern könnte man an der Bezahlung immer etwas, wenn die Kunden mitmachen. Nur erlebt man halt sehr oft das es an der Bereitschaft fehlt entsprechende Preise zu bezahlen bei Arbeitszeitintensiven Tätigkeiten.
Bei den ArbeitsZeiten ist der Spielraum oft einfach nicht da. Wenn alles frisch sein soll, muß es früh gemacht werden und damit kann halt ein Bäcker nicht um 10Uhr die Semmeln fürs Frühstück um 8Uhr machen. Ähnlich in der Zwickmühle steckt die Gastronomie. Lang auf haben und Service bieten ist untrennbar von Arbeitszeiten spät Abends.
Natürlich erscheint "gut bezahlter Mausschubser mit geregelter Arbeitszeit" attraktiv. Bis die Computer schlau genug sind um einges
ohne Bedienpersonal zu erledigen....